Schloß und SED-Palast vereint

■ Ausstellung im Heimatmuseum des Bezirks Berlin-Mitte über die Geschichte des 1950 gesprengten Berliner Schlosses/ Architekten stellen ihre Visionen für einen teilweisen Wiederaufbau vor

Mitte. Im September 1950 begann das Unbegreifliche. Walter Ulbrichts Sprengmeister brachten 13 Tonnen Dynamit in das Berliner Stadtschloß und zündeten. Am 30. Dezember war alles vorbei. Dort, wo einst das gewaltige Hohenzollernschloß stand, gerühmt von Baumeistern und Stadtplanern aller Herren Länder, war jetzt eine Wüstenei von bedrückender Trostlosigkeit, ein öder Platz, der Zentrum der sozialistischen Präsentation werden sollte. Der einst feierliche Schlüterhof und die Schloßfreiheit wurden zum Marx-Engels-Platz mit Bonzentribüne und Standplätzen. Das Schloßportal mit dem Balkon, auf dem Karl Liebknecht 1918 vergeblich die »Sozialistische Republik« ausgerufen hatte, ließen die Architeken des neuen Deutschlands in das Staatsratsgebäude einbauen. 1976 wurde der Marx-Engels-Platz geadelt. Als Ersatz für das in fünf Jahrhunderten gewachsene Schloß entstand in wenigen Monaten der »Palast der Republik«.

Dieses Schloß könnte in Teilen wieder aufgebaut, und zwar ohne daß der Palast der Republik abgerissen werden müßte, sagt der Ostberliner Architekt Peter Schatz. Seine Visionen von teilweiser Schloßrekonstruktion, umrahmt von einem Glaskasten, in dem sich der Lustgarten spiegelt, sind Teil einer Ausstellung, die seit gestern im Heimatmuseum Berlin-Mitte zu sehen sind. Es ist die erste Ausstellung über die wechselvolle Geschichte des brandenburgisch-preußischen Herrschersitzes, die im Ostteil gezeigt wird. Die Initiatoren sind Mitglieder im Verein Stiftung Scheunenviertel.

Die Ausstellung gliedert sich thematisch (nicht chronologisch) in drei Teile. Ein großer Schwerpunkt liegt auf der Baugeschichte, die mit berühmten Namen wie Andreas Schlüter, Eosander von Göthe, Langhans und Schinkel verbunden ist. Ausgestellt sind zahlreiche wertvolle Stiche, alles Leigaben diverser Museen und Archive. Der zweite Teil der Ausstellung zeigt die Geschichte des Schlosses nach Abdankung Wilhelm II. In der Weimarer Republik wurde der alte Feudalsitz zum kulturellen Zentrum eines demokratischen Deutschlands.

Das Ende des Schlosses, die mit nichts zu rechtfertigende Sprengung und die unterschiedlichen Visionen von Schatz und seinem Westberliner Kollegen Frank Augustin über eine mögliche Renaissance von Schloß und Berlin-Mitte sind Inhalt des dritten Teils. In die Debatte über die städtebauliche Zukunft des zentralen Platzes können sich die Besucher aktiv einschalten. Auf Plänen, in denen die Grundrisse von Palast der Republik, Staatsratsgebäude, Außenministerium und Schloß markiert sind, können sie ihre Vorstellungen einzeichnen. Einen Architektenwettbewerb für das gesamte Areal schlägt die Baustadträtin von Berlin-Mitte, Dorethea Dubrau, vor. Dabei sollte der Palast der Republik als Kultur- und Begegnungsstätte einbezogen werden. aku

Heimatmuseum Berlin-Mitte, Sophienstraße 23. Bis 31. August, täglich, außer Sonnabend von 10 bis 18 Uhr. Eintritt frei. Spenden willkommen.