Der Vorteil von NOR und MDR

Offensichtlich bedurfte es eines Kraftaktes seitens des Mecklenburgischen Ministerpräsidenten, sein Kabinett auf Linie, sprich den NOR zu bringen. Wer hier Anderes erwartet hat, der kennt die Algebra dieser Regierung nicht. Denn bei der knappen Stimmenmehrheit der CDU/FDP-Regierung und den immensen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes wäre ein Koalitionsbruch reiner Selbstmord. Jetzt muß das Parlament entscheiden. Aber auch hier gilt, daß in der Regel Rundfunkpolitik die schönste Nebensache der Welt ist.

Trägt die NOR-Entscheidung deshalb den Makel der Willkür? Mitnichten. Neben der ökonomischen Zweckmäßigkeit kann vor allem die gemeinsame Vergangenheit der drei Vertragspartner — mit Ausnahme von Westberlin — und die Verbundenheit in der Not ins Feld geführt werden. Zudem ist der NOR die einzige Möglichkeit, das Land Brandenburg vor einem Alleingang zu bewahren. Aus dem Stadtteilsender SFB wäre dann ein Stadtsender geworden, was wahrlich keine große Perspektive ist.

Der Vorteil von NOR und MDR zeigt sich aber spätestens dann, wenn die beiden potentiellen ARD-Mitglieder vor die Arbeitsgemeinschaft treten: Denn als gebende Anstalten können sie selbstbewußt auftreten und den Alteingesessenen Paroli bieten. Vor allem aber im Kontext der jüngsten Geschichte verdient die Bildung der Mehrländeranstalten Respekt: Wer hätte ernsthaft erwartet, daß die neugewonnene rundfunkpolitische Autonomie seitens der Länder fast selbstlos aufgegeben würde. Lag doch die Versuchung nahe, daß die frischgebackenen Landesfürsten sich mit kleinen, aber defizitären Landesrundfunkanstalten einen Lorbeer flechten. Wenn die Mecklenburgischen Parlamentarier mitspielen wird es dazu nicht kommen.

Einen Wermutstropfen hat das Ganze. Wenn es richtig ist, daß die Vertragsverhandlungen mit dem NDR nicht zu Ende geführt wurden, dann wird dieser Sachverhalt auf ewig als schwerwiegender Geburtsfehler die Legendenbildung fördern. Aber auch damit wird die Dreiländeranstalt leben können. Karl-Heinz Stamm