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Berüchtigte Giftgasfabrik Imhausen soll verkauft werden

Schweizer Unternehmen will die Lahrer Chemie-Fabrik Imhausen übernehmen  ■ Von Thomas Scheuer

Lahr (taz) — Die Chemie-Firma Imhausen GmbH im südbadischen Lahr, die 1989 wegen der Lieferung einer kompletten Giftgasfabrik nach Libyen in die internationalen Schlagzeilen geriet, soll an ein schweizerisches Unternehmen verkauft werden. Dies berichtete der Südwestfunk Baden-Baden am Donnerstagabend in seinem regionalen TV-Magazin „Politik Südwest“. Danach sind die bislang unter größter Diskretion geführten Übernahmeverhandlungen mit der Firma Chemische Fabrik Uetikon aus Uetikon am Zürcher See bereits „weit fortgeschritten“. Der Deal scheint so gut wie perfekt. Gerangelt wird noch um den endgültigen Kaufpreis. Außerdem stellen die Schweizer Kaufinteressenten die Bedingung, daß die Firma bei Übernahme schuldenfrei sein muß. Da liegt der Hase im Pfeffer. Denn die Steuerfahndung steht bei den Lahrern nach wie vor mit Nachzahlungsforderungen in Millionenhöhe auf der Matte. Die im Rahmen des Rabta-Deals hinterzogenen Steuern werden von den Finanzbehörden mittlerweile auf rund 35 Millionen Mark veranschlagt. 10 Millionen hat Ex-Firmenchef Hippenstiel-Imhausen, der im Juni vergangenen Jahres vom Landgericht Mannheim für das Giftgas-Geschäft fünf Jahre Gefängnis kassierte, bereits nachbezahlt. Bleibt eine Steuerschuld von etwa 25 Millionen — was dem derzeit gehandelten Kaufpreis entspricht. Weitere Steuerforderungen, nämlich rund 2,5 Millionen, bestehen noch gegen den Bochumer Imhausen-Ableger GFA, der ebenfalls abgestoßen werden soll. Diese Firma hatte die Steuerungstechnik für Rabta geliefert. Außerdem wird gegen Imhausen derzeit wegen Subventionsbetrug ermittelt: Die Firmenleitung hatte die Personalkosten für Mitarbeiter, die die Pläne für Rabta zeichneten, illegal über ein von Bonn gefördertes Forschungsprojekt im Bereich der Kohleverflüssigung abgerechnet. Aus diesem Strafverfahren könnten sich Rückzahlungsforderungen Bonns ergeben. Uetikon will jedoch eine Garantie, daß auf eine von ihr übernommene Imhausen GmbH keine Forderungen mehr zukommen.

Eine Übernahme Imhausens durch Uetikon (350 Mitarbeiter/ 106 Mio. DM Jahresumsatz) macht Sinn, weil letztere künftig ihre Sparten Produktion von Zwischenprodukten, Forschung und Entwicklung stark ausbauen möchte. In dieses Konzept würden exakt die Bereiche Produktion und Forschung der Firma Imhausen passen, in denen ca. 100 der insgesamt 120 Imhausen- Mitarbeiter tätig sind. Die Bereiche Umwelttechnik und Anlagenbau will Uetikon nicht übernehmen. Das Lahrer Finanzamt will dem Verkauf offenbar nicht im Wege stehen, wenn damit der Standort Lahr und die dortigen Arbeitsplätze erhalten bleiben, was Uetikon zugesichert hat.

Derzeit gehört die Firma Imhausen anteilig der Ehefrau des verurteilten Jürgen Hippenstiel-Imhausen, Violetta Imhausen, dem mit dem Imhausen-Clan verwandten Ehepaar Hinze sowie den Firmen Imhico Zürich, Imhico Vaduz und D-Trading Hongkong. Letztere drei gehören zum verschachtelten Auslandsfirmennetz Imhausens, mit dem auch der Libyen-Deal verschleiert wurde. Kommt der Deal mit Uetikon zustande, dürfte die Steuerfahndung den Daumen auf den Kaufpreis legen, da dieser ziemlich genau der Steuerschuld aus dem Libyen-Geschäft entspricht. Was die jetzigen Firmeneigentümer letztlich als Erlös einstreichen, wird davon abhängen, was deren Anwälte in langjährigen Verfahren dem Fiskus möglicherweise wieder wegprozessieren. Die derzeitigen Übernahmeverhandlungen wollen alle Beteiligten über die Bühne bringen, bevor der Name Imhausen Chemie demnächst erneut in den Schlagzeilen auftaucht: Am 6. August beginnt vor dem Mannheimer Landgericht der Prozeß gegen drei leitende Angestellte der Firma wegen Mittäterschaft beim giftigen Rabta-Deal. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sie maßgeblich an der Planung und Abwicklung der für die Produktion der Giftgas-Kampfstoffe bestimmten Fabrik in Rabta beteiligt gewesen sein.

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