Honigleckmaschine u.ä. Konstrukte

■ Zeitgenössische Kunst aus Ungarn / Projekt von GAK und Kunsthalle

Ein klein wenig wird die umgebaute Weserburg am Sonntag schonmal eröffnet. Blasmusik und Fischbrötchen müssen, bis das Neue Museum Weserburg die Pforten offiziell öffnet, zwar noch bis September warten, aber die Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) darf nach jahrelanger Raumlosigkeit aufgrund alter Terminabsprachen bereits morgen loslegen: Junge ungarische Kunst gibt es zu sehen, zehn Beispiele für aktuelle Positionen aus der Donaurepublik. Hauptblickfang schon auf der Weserbrücke: eine über drei Meter hohe Plastik aus Holz und verschweißtem Stahl, gewaltige Holzstützen, ein drohend pendelnder Spieß, ein fragiles Drahtmodell. Hergestellt von Lazlo Rajk und Gabor Bachmann, die in Budapest mit gigantischen Installationen bekannt geworden sind. Im schön hergerichteten, etwas verkleinerten GAK- Ausstellungsraum sind von Konstruktivismus bis Concept bizarre, heitere und pathetische Raum-Arbeiten zu sehen; man sucht vergebens nach „Fremdem“ und wundert sich über die einheitliche Syntax der europäischen Multikultur.

Diese nämlich ist Thema eines Ausstellungsvorhabens von 63 Kunstvereinen der alten BRD: „Kunst, Europa“ will von Juni bis September 1991 zeitgenössische Kunst aus 20 europäischen Ländern zeigen. Es geht um den Versuch, „im Vorgriff auf (...) 1993 die gegensätzliche Vielfalt kultureller Identitäten im Spiegel der aktuellen Kunst der west- und osteuropäischen Länder zum ersten Mal geschlossen vorzustellen“. In Bremens Nähe zeigt etwa Ganderkesee Kunst aus Moskau, Lingen CSFR, Oldenburg, Meppen und Wilhelmshaven russische Kunst.

Ungarn also wird von den Bremer Kunstvereinen vorgestellt. Als zweiter hiesiger Aussteller widmet sich die Kunsthalle dem Thema. Das Thema dieser Schau sind gestandenere Künstler, mehr oder weniger stark vom Konstruktivismus geprägt, sieben MalerInnen und ein Konstrukteur absurder Maschinen. Das ist der gelernte Schlosser Istvan Haraszty, der Abstrusitäten wie eine Stempelmaschine (zur Ausgabe einer Bescheinigung, daß man eine Bescheinigung hat), eine Honigleckmaschine und eine Kerzenauspustmaschine konstruiert hat. Imre Bak malt großflächig und mit Wucht dekorative Zeichen. Die einzige vertretene Frau, Ilona Keseru, zeigt textile Reliefs in den Kreischfarben der Werbewelt. Die verschiedenen Ansätze haben gemein, daß sie teils sogar in der Thematik, jedenfals aber in der Bildsprache auf die 20er, Bauhaus und Moholy-Nagy zurückgehen. Bus

Die Eröffnung der Ausstellung findet in Anwesenheit er meisten KünstlerInnen am Sonntag um 11.30 Uhr in der Kunsthalle statt. Angeboten wird neben den unumgänglichen Reden (ungarischer Botschafter aus Nochbonn, Erdody, Salzmann und Claassen-Schmal) eine Stempelaktion von Haraszty. Hernach wandert die Gemeinde geschlossen zum Teerhof, um auch die GAK- Ausstellung zu eröffnen. Der Gesamtkatalog aller europäischen Länder kostet 120 DM, Heft „Ungarn“ 15 DM.

Die GAK organisiert ein Rahmenprogramm: Zum Rollenwechsel der Intelligenz in Osteuropa spricht Georgy Dalos (26.6. 20 Uhr); Gabor Bachmann und Laszlo Rajk zeigen ein Videoprogramm (5.7. 20 Uhr); Filme von Veress Zsolt und Csaba Nemes (9.7., 20 Uhr).