Mit Heroin im Strumpf Fußball spielen

■ Türkischer Kurde wegen Dealerei 22 Monaten auf Bewährung verurteilt

“Auch wenn es in der Bevölkerung auf Unverständnis stößt: Wir haben kein Sonderrecht für Ausländer, auch nicht für Kurden.“ Mit diesen Worten trat Amtsrichter Schulz gestern in seiner Urteilbegründung gegen den 34jährigen türkischen Kurden Ahmet E. dem Ruf nach drakonischen Strafen für kurdische Dealer entgegen. Ein Jahr und zehn Monate hatte Schulz dem geständigen Ersttäter E. für den Handel mit knapp 50 Gramm Heroin aufgebrummt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Ein Urteil, das nach Ansicht der beteiligten Anwälte im Rahmen der „Bremer Linie“ liegt.

Zur Verhaftung des Dealers war es nur durch eine tückische Verwechselung gekommen. Eine Bremerin glaubte in E. einen mutmaßlichen Mörder aus dem Drogenmilieu erkannt zu haben, der per Phantombild über die Tagespresse gesucht wurde. Unter dramatischen Umständen wurde E. zunächst in einem Haus in der Neustadtscontrescarpe observiert, dann in der Straßenbahn festgenommen und durchsucht, wobei das Heroin in seiner Jackentasche und in einem Socken eher zufällig entdeckt wurde. Mit dem Mord hat E. nachweislich nichts zu tun.

Bei der Polizeivernehmung gab E. an, das Heroin gefunden zu haben. Gestern vor Gericht gestand der Mann, der zur Zeit auf die Entscheidung seines Asylantrages wartet, daß er als Bote das Rauschgift an eine ihm unbekannte Person weitergeben sollte: Für 100 Mark Lohn.

Dealer oder Bote, das stand nicht im Vordergrund des Gerichtsinteresses, denn strafrechtlich zählt die Botentätigkeit, auch wenn nur 100 Mark dabei herausspringen, als Handel. Erschwerend kam aber im Fall E. hinzu, daß mit den knapp 50 Gramm die strafmildernde „nichtgeringe Menge“ überschritten war.

Zudem blieb der genaue Tathergang an jenem für E. denkwürdigen 14. Juli 1990 auch während der Hauptverhandlung unklar. Den Dealer, von dem E. den Stoff bezogen haben will, konnte er zwar namentlich benennen, aber er ist in Bremen nicht gemeldet. Weiter gab E. an, daß er sich in dem Haus in der Neustadt nur kurz aufgehalten habe, um einen Freund zum Fußballspielen abzuholen. Allerdings habe er vergeblich geklingelt und sei deswegen gleich in die Straßenbahn gestiegen. Ungeklärt blieb, warum der Angeklagte mit 40 Gramm Heroin im Socken unbedingt Fußball spielen wollte.

Ein wesentlicher Grund für die offenen Fragen war die schlechte Verständigung in der gestrigen Verhandlung. Zwar hatte das Gericht einen türkischen Dolmetscher verpflichtet. Der aber bescheinigte dem Angeklagten Türkischkenntnisse „unter Volksschulniveau“. E. spreche von Haus aus den kurdischen Dialekt Zaza.

Bei der Strafzumessung stand die Frage nach der Bewährung im Vordergrund. Richter Schulz rechnete dem Angeklagten strafmildernd sein vollständiges Geständnis an. Zudem hätten im wesentlichen die eigenen Angaben des Angeklagten die Anklage des Handelns mit Batäubungsmitteln gestützt. mad