Nach Köln!

■ Stille in Bonn

„Nach dem Schäuble-Auftritt“, sagt der junge Mann, „habe ich gewußt, wir haben keine Chance.“ Die Umstehenden nicken. Stundenlang haben sie zusammen mit ein paar tausend anderen auf dem Bonner Marktplatz gestanden, haben gebannt auf die große Leinwand geschaut und die Debatte des Bundestages über Bonn oder Berlin verfolgt.

Zwar klatschten sie jenen, die Bonn das Wort redeten, Beifall — allerdings häufiger höflich als heftig. Die BewohnerInnen der bisherigen Regierungsstadt scheinen sich und einander einzugestehen: Gestern, im Plenum des Wasserwerkes, hatte Berlin die rhetorisch gewandteren, die eloquenteren, die alle Unschlüssigen wohl mehr überzeugenden FürsprecherInnen. Und Wolfgang Schäuble schien sogar Hartnäckige auf dem Bonner Marktplatz nachdenklich zu stimmen. Als Bundestagspräsidentin Süssmuth gegen 22 Uhr das Ergebnis verkündete, war die Stimmung dann auch eher verhalten. Zwar drangen Pfiffe und Buhrufe durch die Bonner Innenstadt. Doch sie waren leise und verstummten schnell. Einige fielen sich weinend in die Arme, viele zogen die Schultern hoch, die meisten blieben still.

„Uns Bundesbedienstete hat man vor den Koffer geschissen“, sagte eine junge Frau. „Jetzt verliere ich meine Heimat“, meinte eine andere. Ein paar StudentInnen bedauerten, daß sich nun „die Atmosphäre total ändert“ und sie „wohl nach Köln übersiedeln“ müßten. Der Berliner Bürgermeister Diepgen versuchte, die Bonner zu trösten. Mit dem Entscheid seien keine sozialen Verschlechterungen für Bonn verbunden, sagte Diepgen. Ferdos Forudastan, Bonn