Senat will ein Renommierobjekt für null Mark

■ Kulturzentrum Pfefferwerk in Prenzlauer Berg soll den Bausenat nichts kosten/ Verein legt Finanzierungsmodell für 40 Millionen Mark vor

Prenzlauer Berg. »Wir wollen kein großes Programm abfackeln«, so Uwe Dahms vom Verein Pfefferwerk: »Wir wollen vielmehr zeigen, wieviel Leben hier sein kann, wenn die alte Brauerei zur Begegnungsstätte wird.« Optimistisch wurde die Feier vorweggenommen: Die Stimmung war riesig beim Pfefferfest. In der alten Brauerei Pfefferberg trafen sich am Samstag knapp 50 Gruppen und Initiativen mit den Anwohnern zum Pfefferfest. Kinder tollten mit riesigen Kugeln durch den Innenhof oder manschten sich gegenseitig fröhlich mit Farbe im Gesicht herum. Die Gäste informierten sich an einem der zahlreichen Stände oder saßen einfach zusammen im ehemaligen Biergarten.

Dabei gibt es noch gar keinen Grund zur Freude: Erst in drei Wochen will sich der Senat entscheiden, ob der Verein Pfefferberg, zu dem sich verschiedene Initiativen zusammengeschlossen haben, das Gelände der ehemaligen Brauerei vom Land Berlin übernehmen und es zu einem Kulturzentrum umgestalten darf.

»Hier am Prenzlauer Berg ist ein Stück Kultur zur Zeit wichtiger denn je«, sagt Manfred Stehlau, Vorsitzender des Vereins Pefferwerk: »Die Arbeitslosigkeit steigt und steigt und die Probleme der Menschen im Kiez mit ihr.« Auf dem riesigen Gelände an der Schönhauser Allee soll nach dem Willen der Pfefferwerker ein Zentrum entstehen, in dem Raum für Selbsthilfegruppen und Initiativen, aber auch für Handwerker und eine Arztpraxis ist.

Vorschläge und Pläne gibt es genug, doch der Preis ist wahrlich gepfeffert: Die Sanierung kostet voraussichtlich 40 Millionen Mark. Der Bausenator hat zwar Sympathie für das Großprojekt bekundet — kosten soll ihn die Sanierung allerdings nichts. Der Idealismus der bisherigen Betreiber soll sich in einem knallharten Finanzierungskonzept niederschlagen, andernfalls werden die 1,2 Hektar an andere Investoren vergeben.

Der im Dezember letzten Jahres gegründete Verein hat mittlerweile sein Konzept für eine kulturelle Begegnungsstätte fast fertig. Beim Abgabetermin in zwei Wochen werden gedanklich sämtliche Förderungstöpfe des Bundes und der EG angezapft sein, ein detaillierter Sanierungs- und Nutzungsplan liegt vor.

»Knapp neun Millionen müssen wir bereits kurzfristig aufbringen«, erklärt Bertram Vandreike, »da muß eiskalt kalkuliert werden«. Nach den Plänen des Architektenbüros Krüger, Salzl und Vandreike soll das Gelände in kommunalem Eigentum bleiben, nur Einzelbereiche sollen verpachtet werden, um den Bewirtschaftern Kredite zu ermöglichen.

Die Räume für das Pfeffercabaret, die Puppenspielausbildung und die Kunstpartei VOGEL EI, für das elliptische Theater, den Paritätischen Wohlfahrtsverband und die übrigen Initiativen und Vereine sollen langfristig vermietet werden. Die verfallene Restaurationshalle, deren neobarocke Pracht nur noch mit viel Mühe zu erahnen ist, soll abgerissen werden. Das gleiche Schicksal steht auch den Garagen bevor, die zum stark reduzierten Fuhrpark des 'Neuen Deutschland‘ gehören. Der Hof zu den angrenzenden Wohnhäusern soll so vergrößert und von den Anwohnern genutzt werden können. »Wir müssen einige Teile abgeben, um von den Einnahmen andere Bereiche renovieren zu können«, gibt Vandreike unumwunden zu.

Zur Zeit ist die 150 Jahre alte Anlage in einem erbärmlichen Zustand: Die Brauerei mit ihren zwei Kellergeschossen und dem großzügigen Biergarten ließ der bayerische Braumeister Pfeffer erbauen. Doch von der biedermeierlichen Architektur ist nur noch wenig erhalten. Was nicht verfiel, wurde lieblos übertüncht. Zuletzt waren auf den 16.000 Quadratmetern Nutzfläche nur noch die Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV), die Polyklinik der Bauarbeiter, das Hochbauamt und eine Arbeiterkantine untergebracht.

Das soll anders werden: In die Ladenreihe zur Schönhauser Allee soll wieder Leben einkehren, um die Ödnis zwischen Alex und dem Geschäftsviertel am Prenzlauer Berg zu unterbrechen. Kinder- und Altenprojekte sollen neben dem Berliner Arbeitskreis für politische Bildung (bapob), dem Informations- und Beratungsinstitut für Bürgernahe Stadterneuerung (IBIS) und den anderen Gruppen Platz finden. »Wir wollen kein Veranstaltungszentrum Marke 'DDR-Kulturhaus‘ schaffen«, stellt Peter Waschinski vom Pfeffercabaret klar, »da wurde alles mögliche gemischt und mit dem großen Suppenlöffel umgerührt. Da gab es kein typisches Publikum, niemand konnte sich zu Hause fühlen.«

»Wir wollen Lebens- und Arbeitskultur mit künstlerischem Programm verbinden«, erklären die Pfefferwerker. Auch die einzelnen Projekte sollen sich gegenseitig Ideen und Anregungen liefern. Der nötige Zusammenhalt ist inzwischen da, denn schließlich kämpfen im Verein Pfefferwerk alle gemeinsam für ihre Brauerei. Für soviel Engagement zeigte auf dem stadtplanerischen Diskussionszirkel »Stadtforum« auch Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer Sympathie. Doch die Bedingung des Bausenats gilt: Richtig sympathisch sind die Pfefferwerker nur, wenn sie der Stadt zu einem Vorzeigeobjekt verhelfen, ohne daß es etwas kostet. Christian Arns