Neues Berlin braucht einen Eifel-Keller

■ Regierungsbunker in Ahrweiler wird bald überflüssig/ Hat Berlin einen geeigneten Keller für die Volksvertreter?/ Die taz war im Untergrund

Dernau/Berlin. Unter jeden anständigen Regierungssitz gehört ein Bunker. Schließlich möchten die Bürger draußen im Lande im V- oder GAU- Fall gern noch einmal besonders intensiv regiert werden. Denn die letzten Tage sind die wertvollsten eines erfüllten öffentlichen Lebens. Wo also hin mit der Exekutive in einer Hauptstadt, die nur eine kleine Leitzentrale unter dem Fehrbelliner Platz und kümmerliche Reste eines voreilig zerstörten unterirdischen Führerhauptquartiers zu bieten hat? Auch die spärliche Unterkellerung des Flughafens Tempelhof und der schon komfortablere SED-Bunker im Ostteil können kaum zeitgemäßen Polit-Fuchsbau-Standart aufweisen. Selbst die föderalistische Stadtteillösung verbietet sich: Rot-grüner Friedenswahn hatte 1990 das »Nutzbarmachungsprogramm« für 48 westliche Weltkriegsbunker gestoppt. Auch die eingelegten Pfirsichhälften und eingemotteten Wintermäntel der Senatsreserve wurden schon leichtsinnig an den Russen verschwendet. Sollen unsere Volksvertreter erst hunderte von Kilometern mit ICE oder InterRegio reisen, um ihre Oberhäupter in den Eifel-Weinberg zwischen Dernau und Ahrweiler zu stecken?

Der alte Regierungsbunker bietet bei über 30 Millionen jährlichen Kosten immerhin 3.000 Letzt-VerwalterInnen inkl. psychiatrischem Personal ein gemütliches unterirdisches Heim. Mindestens fünf Milliarden Mark hatte das Bonn-Imitat für 312 Meter unter den Reben nach 10jähriger Bauzeit gekostet. Was wird nun werden aus diesem Wunderwerk der Wühlarbeit? Soll die Sub-Urb an die EG mitverpachtet werden, wenn Bonn erst als europäische Hauptstadt verleast ist? Oder wird ein jahreszeitenunabhängiger Freizeitpark daraus, für nach der Klimakatastrophe? Falls das Ruhrgebiet doch noch von »Olympia 2000« befallen wird, wäre der Eifel-Keller zumindest das sicherste Olympia-Dorf aller Zeiten (SiODaZ). Durch derart sinnvolle Nachnutzung könnte ein Teil der nun für Berlin fälligen Untergrabungskosten eingespielt werden.

Zwar will Daimler-Benz bisher vorwiegend oberirdisch bauen, trotzdem verbietet sich aber für Moralisten die unbürokratische Anknüpfung an traditionelle Hauptstadt-Bunker-Pläne unter dem Potsdamer Platz — andererseits konnte auch bei Dernau/Eifel ungerügt unter einem ehemaligen KZ gebaut werden. Denkbar wäre indessen auch ein massiver Ausbau alter Örtlichkeiten bei gleichzeitiger Aufspaltung der Verfassungsorgane: Der Bundestag kommt unter den Fehrbelliner Platz, denn dort lagern bereits Original-Knäckebrot-Rationen für 14 Tage. Die Bundesregierung zieht in die wohligen Heizungsschächte des Flughafens Tempelhof. Der Bundespräsident residiert im repräsentativen Schöneberger Pallas- Hochbunker mit seiner engagierten sozialen Wohnungsbauhülle. Und der Bundesrat wirkt im SED-Unterschlupf, auf daß von diesem Unterboden nur noch Frieden ausgehen möge, wenn oben Krieg ist — wobei davon auszugehen ist, daß die PDS- Fraktion diesbezüglich einen Gegenantrag stellt. Glück auf Berlin, Millionen Löcher für diese Stadt! Kotte/Riedle