Springer-Verlag würde 'Leipziger Zeitung‘ auch mit SPD teilen

Doch der SPD-Anspruch auf frühere SED-Bezirkszeitungen könnte politischer Eiertanz werden/ Sind Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet?  ■ Von Barbara Geier

„Sollte die SPD ihren Anspruch auf die Potsdamer 'Märkische Allgemeine‘ durchsetzen, ziehen wir uns total zurück“, stellt Hans- Wolfgang Pfeifer, Vorsitzender der 'FAZ‘- Geschäftsführung klar. Die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ hatte von der Treuhand Mitte April den Zuschlag für die Potsdamer Regionalzeitung erhalten. Insgesamt waren damals zehn der größten ehemaligen SED-Bezirkszeitungen an etwa ein Dutzend westdeutsche Verlagshäuser vergeben worden.

Auf sieben der Zeitungen (in Magdeburg, Schwerin, Potsdam, Cottbus, Leipzig, Dresden und Rostock) hat allerdings SPD-Schatzmeister Hans-Ulrich Klose für seine Partei Besitzanspruch erhoben. Die Zeitungen sollen sich vor 1933 in SPD-Hand befunden haben. Nach einer ersten Niederlage vor dem Berliner Verwaltungsgericht wird sich die SPD nun reiflich überlegen müssen, ob sie in einen möglicherweise jahrelangen Rechtsstreit mit der Treuhand eintreten will, um ihre Besitzansprüche durchzusetzen. Für alle Fälle haben die Sozialdemokraten ihre Ansprüche bei den zuständigen Landesämtern für offene Vermögensfragen geltend gemacht, die sich um die Rückgabe von Grundstücken und Gebäuden kümmern. Bis zur endgültigen Klärung der Besitzverhältnisse jedenfalls liegt die Privatisierung der betreffenden Regionalzeitungen erst mal auf Eis.

Die Mitte April ausgewählten westdeutschen Kooperationspartner verbreiten unterdessen Optimismus. Zumindest nach außen hin geben sie sich durchaus gelassen. So kann die 'Saarbrücker Zeitung‘, von der Treuhand bestimmte Neubesitzerin der 'Lausitzer Rundschau‘ in Cottbus, „überhaupt keine Gründe“ für einen Rechtsanspruch der SPD erkennen. Investitionen in das neue Projekt würden nicht gestoppt, meint auf Anfrage ihr Geschäftsführer und Chefredakteur Rudolph Bernhard. Für die Düsseldorfer 'Rheinische Post‘, gemeinsam mit dem Hamburger Gruner und Jahr Verlag vorläufig in die Dresdner 'Sächsische Zeitung‘ eingewiesen, erklärt Geschäftsführer Clemens Bauer, die SPD- Ansprüche hätten „keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Engagement“ bei der Ex- DDR-Zeitung. Und in der 'Schweriner Volkszeitung‘ hat sich Ende vergangener Woche Horst Hilbertz vom Burda-Verlag von der Treuhand schon mal vorsorglich als Geschäftsführer bestellen lassen.

Einigermaßen überraschend reagieren indes die Axel-Springer-Erben, die zusammen mit Madsack die auflagenstarke 'Leipziger Volkszeitung‘ übernehmen dürfen. Sollten die SPD-Ansprüche auf diese Zeitung, in der schon Rosa Luxemburg als Redakteurin arbeitete, bestätigt werden, will der Verlag „gemeinsame Sache mit den Sozialdemokraten machen“. Darüber, so Verlagssprecher Heiner Bremer, sei mehrfach mit SPD-Klose gesprochen worden. Auch gegenüber der Treuhandanstalt habe man deutlich gemacht, daß Madsack (hier hält die SPD bereits Anteile von 20 Prozent) und der Springer Verlag mit den Sozialdemokraten zusammenarbeiten werden, sollten die Besitzansprüche der SPD gerichtlich anerkannt werden. Anders als der Hamburger Heinrich Bauer Verlag ('Magdeburger Volksstimme‘) will man im Hause Springer auch nicht an Gutachten basteln, die der SPD widersprechen sollen.

Für die SPD könnte eine jahrelange rechtliche Auseinandersetzung vor dem Berliner Landgericht zum politischen Eiertanz werden. Bislang hat sich die Partei stets als Speerspitze derer dargestellt, die für die neuen Bundesländer lautstark „Investition vor Restitution“ gefordert haben. Zugunsten des Erhalts von Arbeitsplätzen sollten Investitionsvorhaben Vorrang haben vor der Rückgabe von Unternehmen an die alten Eigentümer. Offensichtlich hat diese Forderung nur so lange Bestand, wie nicht eigene Ansprüche betroffen sind. Klose ist nach eigenen Angaben „natürlich“ daran gelegen, das Vermögen der Partei zu mehren. Und da sie für einige der beanspruchten Regionalzeitungen Investitionskonzepte mit Verlagen vorlegen will, die von der Treuhand nicht berücksichtigt wurden, hat sie für den Osten offensichtlich eine andere Medienlandschaft im Auge, als von der Treuhand geplant wurde.

Zu lange verzögerte Entscheidungen könnten Tausende von Arbeitsplätzen in den Redaktionen und Druckereien der sieben Regionalzeitungen aufs Spiel setzen. „Das ganze darf nicht zu lange dauern“, meint selbst Springer-Sprecher Bremer. Inzwischen hat auch der Deutsche Journalisten Verband die Befürchtung geäußert, „daß sich infolge der Planungsunsicherheit die notwendigen Investitiionen und konzeptionellen Entscheidungen weiterhin verzögern werden — zum Nachteil der in diesen Zeitungen Beschäftigten“. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten trügen zu weiterer Verunsicherung bei, und dies erst recht angesichts der zum Teil desolaten Situation auf dem Ost-Pressemarkt. Die IG Medien erklärte auf Anfrage, sich diesem Thema noch nicht gewidmet zu haben.