„Agents Provocateurs“ unterwandern Intifada

Fernsehbericht über als Palästinenser verkleidete Israelis soll die Intifada zermürben/ Israelischer Sicherheitsausschuß kritisiert „Geheimnisverrat“/ Sondereinheiten werden seit 20 Jahren ausgebildet/ Militär will „Under cover“-Aktionen verstärken  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das israelische Fernsehen zeigte am Wochenende erstmals einen Beitrag über die Aktivitäten des israelischen Geheimdienstes in den besetzten Gebieten. Der von der Militärzensur freigegebene und offensichtlich von einer übergeordneten Militärbehörde lancierte Dokumentarfilm zeigte als arabische Männer und Frauen verkleidete israelische Spezialtruppen, die als Agents Provocateurs in den Widerstandskampf der Palästinenser eingreifen oder Einsätze uniformierter israelischer Truppen gegen flüchtige palästinensische Aktivisten vorbereiten.

Obwohl der Bericht nur die Spitze eines Eisberges zeigte, wurde er von Politikern des Likud-Blocks und der Arbeiterpartei als Preisgabe militärischer Geheimnisse kritisiert. Stabschef Ehud Barak wurde deswegen vor den Sicherheitsausschuß der Knesset zitiert. Einer der Gründer der Sondereinheiten, der ehemalige „Koordinator für israelische Regierungsaktionen in den besetzten Gebieten“ und Reservegeneral „Fuad“ Ben-Eliezer, der jetzt als Abgeordneter der Arbeiterpartei in der Knesset sitzt, erklärte: „Ich kenne die Tätigkeiten dieser Einheiten seit langem, aber bisher wurden weder ihre Existenz, noch ihre Arbeitsweise amtlich bekanntgegeben. Möglicherweise wird man uns in Zukunft für die Liquidierung von Personen verantwortlich machen, mit deren Tod wir gar nichts zu tun haben. Warum war es nötig, offiziell zuzugeben, daß derlei Einheiten in den besetzten Gebieten operieren? Dann könnte man ja gleich die Einsatzmethoden von Shin Bet und Mossad veröffentlichen.“ In der Vergangenheit sollten zwei Korrespondenten der Agentur 'reuter‘ vor Gericht gestellt werden, weil sie über die Existenz der verkleideten Sondereinheiten berichtet hatten. In dem umstrittenen Fernsehbericht wurden Einsätze der als Palästinenser maskierten israelischen Truppen vorgeführt. Ein israelischer Agent Provocateur berichtete von seinem Einsatz als steinewerfender Intifada-Aktivist, der seine palästinensischen Mitstreiter den israelischen Truppen quasi auf dem silbernen Tablett servierte. Mitglieder der Sondereinheiten wurden bei Schießübungen, im Schminkzimmer und in der Kleiderkammer gezeigt.

Gruppen für solche Spezialeinsätze sollen schon vor 20 Jahren ausgebildet worden sein. In den siebziger Jahren wurden sie gegen angebliche Terroristen hauptsächlich im Gaza-Streifen eingesetzt. Ab 1982 wurden solche Truppen auch im Libanon aktiv. Ein Jahr nach Beginn der Intifada wurden die Einheiten dann für den Kampf gegen den Palästinenseraufstand ausgebildet, besonders um Angriffe gegen solche Palästinenser zu verhindern, die mit den israelischen Behörden kollaborieren. Die israelischen Militärsprecher gaben jetzt bekannt, daß mit Hilfe der maskierten Soldaten bisher Hunderte von verdächtigen Palästinensern festgenommen worden seien. Auch Terroranschläge seien verhindert worden. Die Armee plane daher, mehr solche Sondereinheiten einzusetzen und ihr Tätigkeitsfeld zu erweitern.

Militärsprecher bezeichneten die Veröffentlichung am Wochenende als Abschreckungsmaßnahme. Die Intifada werde bei zunehmendem Mißtrauen, gegenseitigen Verdächtigungen und Angst vor Verrat unter den Palästinensern gelähmt werden, hoffen sie.

Unter Palästinensern waren die Angriffe getarnter israelischer Truppen, die zum Teil auch beschlagnahmte Autos mit palästinensischen Nummernschildern einsetzten, bekannt. Bei Gegenangriffen palästinensischer Aktivisten gegen vermutete getarnte Israelis kamen in den letzten Monaten auch echte Palästinenser zu Schaden, die irrtümlich für israelische Sonderkommandos gehalten wurden. Die Veröffentlichung im Fernsehen soll wahrscheinlich auch Gerüchte entkräften, wonach israelische „Hit Teams“ außerhalb des militärischen Rahmens und damit außerhalb der militärischen Befehlsgewalt eingesetzt werden. Verteidigungsminister Arens und Stabschef General Barak kündigten an, daß durch den verstärkten Einsatz sogenannter „chirurgischer Teams“ die Aktivitäten des normalen Militärs in den besetzten Gebieten zurückgeschraubt werden sollen.