Krankenkassen erwarten leere Kassen

■ Kassen befürchten bis zum Jahr 1993 ein Defizit von fünf Milliarden Mark/ Es drohen Beitragserhöhungen

Bonn (ap) — Trotz der Gesundheitsreform zeichnet sich in der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Jahr ein Defizit von rund fünf Milliarden Mark ab.

Bundesgesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt betonte am Samstag in Bonn, die Differenz zwischen der Steigerung der Leistungsausgaben und dem Wachstum der Grundlöhne werde zu einer „strukturellen Unterdeckung“ in dieser Größenordnung führen. Ohne baldige zusätzliche Einsparungen drohten spätestens Anfang 1993 Beitragserhöhungen. Der durchschnittliche Beitragssatz liegt zur Zeit bei 12,2 Prozent des Einkommens.

Die CSU-Politikerin sprach von einem „dringenden Handlungsbedarf“. Die Gesundheitsreform müsse so schnell wie möglich weiter umgesetzt werden. Dabei dürfe man nicht nur auf die bereits vorhandenen kostendämpfenden Faktoren setzen. Alle Leistungserbringer müßten vielmehr kurzfristig weitere Einsparpotentiale erschließen, vor allem durch Festbeträge, Richtgrößen und Prüfungen der Wirtschaftlichkeit.

Im ersten Quartal dieses Jahres sind nach Angaben des Ministeriums die Ausgaben auf 8,4 Prozent angestiegen. Die Grundlöhne, von denen die Beiträge abhängig sind, stiegen in diesem Zeitraum pro Mitglied aber nur um 3,3 Prozent, so daß im ersten Vierteljahr ein Defizit von knapp 1,9 Milliarden Mark zustande kam. Im ganzen Jahr 1990 waren die Ausgaben um 6,5 Prozent und die Grundlöhne um 5,1 Prozent gewachsen.

Spitzenreiter bei den Kostensteigerungen waren die Kuren, wofür die Kassen 26,4 Prozent mehr ausgaben als vor einem Jahr. Für Arzneimittel aus Apotheken mußten 8,9 Prozent mehr aufgebracht werden. Hierbei nahm auch der Verbrauch insgesamt zu.

„In einem vertretbaren Rahmen“ hielt sich nur die stationäre Behandlung, die um 5,1 Prozent teurer wurde. Allerdings dürfte hier der Kostenanstieg nach Ansicht des Ministeriums im zweiten Quartal zunehmen, weil in diese Zeit die Tarifabschlüsse fallen. Die Leistungen für Schwerpflegebedürftigkeit machten in den ersten drei Monaten 1991 erst 218 Millionen Mark aus. Diese Ausgaben würden aber rasch wachsen, hieß es.