Hans-Wendt-Stiftung gepriesen

■ Streit um Preisvergabe: Verein Bewährungshilfe bekam weder Preis noch Geld

Im Festsaal des Bremer Rathauses vergab Sozialsenatorin Sabine Uhl gestern den „Bremer Jugendpreis“ ihrer Behörde und es kam, wie es kommen mußte: Die Senatorin, die Vorstandsmitglied der Hans-Wendt-Stiftung ist, drückte die Auszeichnung dem Hans- Wendt-Geschäftsführer Andreas Strunk in die Hand. Daß das ausgezeichnete Straffälligen-Projekt von der senatorischen Behörde zu allem Überfluß schriftlich „gebeten“ worden war, sich zu bewerben, hatte schon im Vergabeausschuß für langwierige Debatten gesorgt.

Kein Thema im Vergabeausschuß war es gewesen, daß die „Ambulante Hilfe für junge Haftentlassene“ von drei Trägern in Bremen geleistet wird: Neben dem Projekt der Hans-Wendt- Stiftung sind an der Arbeit auch der „Lüssumer Turnverein“ und der „Verein für Bewährungshilfe“ beteiligt. Letzterer fühlt sich, wie sein Geschäftsführer Pilz ironisch in einem Schreiben mitteilt, „durch die Preisverleihung ebenso geehrt“. Die beiden anderen Vereine, die keine Senatorin im Vorstand haben und auch nicht durch einen Untersuchungsausschuß Negativ-Schlagzeilen machen, wurden nicht schriftlich „gebeten“, sich um den Preis zu bewerben. Pilz: „Werden hier freie Träger der Jugendhilfe mit ungleichen Maßstäben bewertet?“

Der Hans-Wendt-Stiftung hätte aufgrund ihrer hohen Anbindung auch nicht passieren können, worüber sich der „Verein für Bewährungshilfe“ beklagen muß: Seit Januar wartet er auf die Bearbeitung von Pflegekosten- Anträgen und mußte schon 200.000 Mark Kredit bei der Sparkasse aufnehmen, um die Löhne seiner Sozialarbeiter überweisen zu können. Begründung der Behörden-Mitarbeiter für die schleppende Behandlung gegenüber dem Bewährungshilfe-Verein: Sie hätten keine Zeit, da sie Akten für den Hans-Wendt-Untersuchungsausschuß aufbereiten müßten.

Wahrscheinlich hat die besondere Nähe zur Behörde 1986 dazu geführt, daß die eigentlich nicht mit Straffälligen-Hilfe befaßte Hans- Wendt-Stiftung sich unbürokratisch schnell des Projektes „Hilfe für junge Haftentlassene“ angenommen hat. Der „Verein Wohnungshilfe“ hatte damals längere Planungsphasen verlangt. Die Bremer Rechtsanwältin Hella Stell, die das Projekt 1986 initiiert hatte, war deshalb froh, daß sie über die Hans-Wendt-Stiftung mit ABM-Stellen beginnen konnte. Inzwischen sind, auf die drei Sozialvereine verteilt, fünf (über das Justizressort bezahlte) Sozialarbeiter engagiert, die in einem bundesweit beispiellosen Arbeitsansatz insgesamt 20 junge Haftentlassene betreuen. Sie helfen bei der immer schwierigeren Wohnungssuche, bei der Drogen- Substitution und allen auftretenden Problemen. Die Betreuung beginnt schon in der Haft-Zeit. Da die Hans-Wendt-Stiftung sonst vor allem mit Kindern arbeitet, unterstützt die Anwältin Hella Stell die beiden Sozialarbeiter, die über diese Stiftung beschäftigt sind, in einer „Projektgruppe“.

Die Anwältin betrachtet die Resultate ihrer Initiative mit Stolz: nur einem der bisher betreuten Jugendlichen mißlang der Schritt zu einem „Leben ohne Straftaten“. K.W.