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Neue Skepsis der Ostler gegenüber Westwaren

■ Möbelproduzent wirbt mit „Hergestellt in den neuen Bundesländern“

Berlin (dpa/adn/taz) — Mit dem Signet „Hergestellt in den neuen Bundesländern“ will die Ostberliner Möbelhandel GmbH künftig für ihre Möbel werben. Damit soll an das Selbstwertgefühl der Ostdeutschen appelliert werden, sagte ihr Geschäftsführer Hans-Jürgen Prillwitz gestern in Berlin. Die neuen Bundesbürger müßten davon überzeugt werden, daß die in ihrer Nähe hergestellten Möbel qualitativ nicht schlechter seien als die aus den alten Ländern. Der Vorteil seiner Firma gegenüber der Konkurrenz aus dem Westen seien kurze Lieferfristen. Während westdeutsche Firmen Lieferzeiten von zwölf Wochen hätten, würden seine Kunden ihre neue Wohnungseinrichtung innerhalb von drei bis vier Wochen nach dem Kauf bekommen.

Damit liegt die Firma voll im Trend. Nach der anfänglichen oft auch unkritischen Begeisterung für Westwaren entdecken die neuen BundesbürgerInnen die Qualität heimischer Produkte neu. 91 Prozent von ihnen kaufen lieber frische Ost- Brötchen und frisches Ost-Brot als abgepackte importierte Westware; mehr als zwei Drittel bevorzugen Fleisch, Wurst und Butter aus Unternehmen zwischen Oder und Elbe. Joghurt, Schokolade und Kaffee hingegen will nach wie vor kaum jemand aus Ost-Fabriken, ebenso bleiben Haarpflegemittel und Seifen sowie Radiorecorder und HiFi-Anlagen in den Regalen stehen, wenn sie in den neuen Bundesländern produziert wurden. Das jedenfalls sind die Ergebnisse einer neuen Verbraucherstudie aus dem Leipziger Institut für Marktforschung.

Die Analytiker wollten in diesem Zusammenhang eine Verbindung von größerer Nachfrage und Arbeitsplatzerhaltung als Motiv sehen, belegen ließ sich dies anhand der Fragen jedoch nicht. Deutlich zeigte sich allerdings, daß meist bei Konsum und Kaufhalle — offensichtlich unabhängig vom neuen Eigentümer — gekauft wird, nur Mecklenburg- Vorpommern und die Stadtbezirke Ost-Berlins vermerken auf Platz zwei Aldi und Kaiser's.

Auf alle Fälle kaufen die Ex- DDR-Bürger heute überlegter als im Dezember des Vorjahres, loben die Marktforscher. Zwei Drittel bevorzugen gar bewußt Ostprodukte. Und 84 Prozent der KäuferInnen (Dezember 90: 67 Prozent) monierten jetzt, daß der Handel zuwenig Ostprodukte anbiete. Die Zahl derjenigen, die immer und unbedingt Westwaren wollten, ist sogar von 38 auf 11 Prozent zurückgegangen.

Allerdings meinen fast drei Viertel der Haushalte, daß die Herkunft eines Produkts schwierig zu erkennen sei, 63 Prozent verlangten deshalb eine Kennzeichnung.

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