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Schengen schluckt auch Spanien und Portugal

■ Lateinamerika und Maghreb abgekoppelt

Berlin (taz/afp) — Seit Monaten betreibt die iberische Halbinsel eine immer restriktivere Visumpolitik gegenüber ihren alten Freunden und Verbündeten im Maghreb und vor allem in Lateinamerika. Diese Abkoppelung wurde gestern zementiert: Spanien und Portugal unterzeichneten das Schengener Abkommen. Damit reihten sie sich ein in die inzwischen acht Länder umfassende starke europäische Kerngruppe, die bereits im Jahr 1992 die Binnengrenzen zwischen Sylt, Sizilien und der Algarve abschaffen will. Zu diesem Zweck wollen sie ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der inneren Sicherheit intensivieren, die Asylpolitik vereinheitlichen und ihre gemeinsamen Außengrenzen stärker befestigen.

Die Unterzeichnung fand zum Abschluß eines Treffens der für Europa-Angelegenheiten zuständigen Minister der Schengen-Staaten im Bundeskanzleramt statt. Die Bundesrepublik, Frankreich und die Benelux-Länder hatten das Abkommen am 19.Juni vergangenen Jahres nach jahrelangen Verhandlungen unterzeichnet. Italien war im November vergangenen Jahres beigetreten.

In vorauseilendem Gehorsam hatte die spanische Regierung bereits im April diesen Jahres den Visumzwang für Marokkaner und Tunesier eingeführt. Mitte dieses Monats folgte der Visumzwang für türkische Staatsangehörige, die nach Spanien oder Portugal reisen wollen. Nun müssen die beiden Länder auch für die Staatsangehörigen von 60 weiteren Länder, die die Schengen- Gruppe auf eine Liste gesetzt hat, den Visumzwang einführen. Besonders schwierig wird das für die lateinamerikanischen Länder sein, die sämtlich auf der Liste stehen.

Ähnlich wie Griechenland müssen künftig auch Spanien und Portugal an ihren Küsten mit Patrouillenbooten verhindern, daß Flüchtlinge unerkannt in die Schengen-Zone kommen. Besonders interessant für Spanien dürfte aber die künftige polizeiliche Zusammenarbeit in der Schengen-Zone sein. Schließlich hat das Land mit einer gut organisierten, bewaffneten ETA zu tun.

Griechenland hat bereits einen Beobachterstatus bei Schengen beantragt und erwägt einen förmlichen Beitrittsantrag. Mit Dänemark wurde bereits Anfang Juni ein ausführliches Informationsgespräch geführt. Österreich und die Schweiz, die als NichtMitglieder der Europäischen Gemeinschaft dem Schengener Übereinkommen grundsätzlich nicht beitreten können, zeigen ebenfalls Interesse. Wien hat zu erkennen gegeben, daß es sich freiwillig dem Schengen-Standard anpassen will. Nur Großbritannien denkt nach wie vor gar nicht daran, dem Schengener-Abkommen beizutreten. dora

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