RAF bestreitet Steuerung aus der Zelle

■ Die RAF wehrt sich in einem Schreiben: Es laufe eine Kampagne mit dem Ziel, Haftbedingungen zu verschärfen/ Gefangene seien „Geiseln des Staates“/ Bundesanwaltschaft: Schreiben ist echt

Berlin (taz) — In einem zweiseitigem Schreiben hat die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) die These von der Zellensteuerung als „Staatsschutzlüge“ zurückgewiesen. Bezugnehmend auf die Meldungen der letzte Wochen, wonach die Karlsruher Bundesanwaltschaft mehrere Anwälte verdächtigt, die Verbindung zwischen den RAF-Gefangenen und der aktiven Kommandoebene herzustellen, heißt es in dem Schreiben: „Seit Wochen läuft eine Kampagne der Bundesanwaltschaft, angeschoben von den reaktionärsten Teilen von CDU/CSU, die das Ziel hat, selbst die minimalen Verbesserungen und Schritte in Richtung Zusammenlegung, die im letzten Hungerstreik erkämpft wurden, wieder rückgängig zu machen“. Zwei gleichlautende Schreiben gingen gestern bei der taz und dem Bonner Büro der Agentur 'afp‘ ein. Die mit Datum 23.Juni und RAF-Symbol unterzeichneten Schreiben wurden von der Bundesanwaltschaft als authentisch eingeschätzt.

In dem in Karlsruhe aufgegebenen Schreiben behaupten die Verfasser weiter, „ein Muster, nach dem seit Jahren immer wieder Angrife gegen die Gefangenen laufen, ist: Eine Aktion von uns trifft diesen Staat und seine Eliten bis ins Mark, wie jetzt die gegen Rohwedder, und ihre ganze Wut entlädt sich gegen unsere gefangenen Genossinnen und Genossen“. Karsten Rohwedder, Vorstandsvorsitzender der Berliner Treuhand-Anstalt, war vor knapp drei Monaten von einem RAF-Kommando ermordert worden.

Beim letzten Hungerstreik, heißt es, hätte das „Zusammenwirken der unterschiedlichsten Kräfte“ den Staat „wie bis dahin nie, damit konfrontiert, daß der Kampf der politischen Gefangenen gesellschaftliche Realität ist“. Deshalb werde auch die Frage, „ob der Staat heute erneut gegen die Gefangen eskalieren kann, oder ob alle, die 89 den Streik aufgegriffen haben, jetzt einen neuen Anlauf machen, um die Zusammenlegung endlich durchzusetzen“ erhebliche Bedeutung für die „weitere Entwicklung der Kämpfe hier“ haben. Dies wurde von verschiedenen Seiten gestern dahin gehend gewertet, die Gefangenen könnten eine neuen Hungerstreik planen.

Auch die Meldung des 'Spiegel‘, wonach die Bundesanwaltschaft aufgrund „hochsensibler Informationen“ mit der Entführung prominenter Wirtschaftkapitäne, etwa die des VW-Vorstandsmitglied Daniel Goeudevert, rechne, wird als „Staatsschutz-Lügengebilde“ und „Dummheit“ bezeichnet: „Hätten sie tatsächlich auch nur einen einzigen vagen Hinweis darauf [...] dann würde das mit Sicherheit nicht in der Presse lanciert, sondern dann würden dort Spezialeinheiten aufgebaut, um welche von uns zu verhaften oder zu erschießen.“ Wolfgang Gast