Fraunhofer: „Uni zu fundamental“

■ Uni fordert „null Prozent“ Rüstung / Institut sieht schwarz für Kooperation

Joseph von Fraunhofer, Forscher, Erfinder und Namensgeber des Institutes

Unzählige Prinzipien hat die Bremer Reform-Universität in den letzten zwanzig Jahren über Bord geworfen, an einem wollen Geistes- wie NaturwissenschaftlerInnen aber weiterhin festhalten.

Dieses reine Prinzip heißt: Keine Rüstungsforschung auf dem Campus. Einstimmig einigte sich gestern der Akademische Senat darauf, dem „Fraunhofer Institut für angewandte Materialforschung“ (IFAM) scharfe Bedingungen entgegenzuhalten, wenn es sich auf dem Campus ansiedeln will. Auf „null Prozent“ soll das Institut binnen fünf Jahren seine Rüstungsforschung herunterfahren, ab 1.1.97 keine Mark mehr vom Verteidigungsministerium annehmen — ansonsten soll die Kooperation nicht zustande kommen. Rektor Jürgen Timm wurde beauftragt, mit der Frauenhofer- Gesellschaft zu verhandeln. — „Ich möchte in der Haut des Rektors nicht stecken“, erklärte nach der Sitzung der Leiter des Bremen-Norder Fraunhofer-Instituts, Prof. Dr.-Ing. Hans-Dieter Kunze: „Dies ist ein echter Konflikt.“ Kunze warf der Uni in einem taz-Gespräch verärgert vor, „den Fundamentalisten zu spielen“ und „die chemisch reine Lösung zu wollen“. Er glaube nicht, daß die Fraunhofer-Gesellschaft dem zustimmen könne. Denn es sei „Aufgabe und Pflicht“ der Fraunhofer-Gesellschaft „Forschungsleistungen für den Bund zu erbringen“ und der Bund mache keinen Unterschied zwischen bösen und guten Ministerien.“ Satzungsgemäß könne folglich ein Fraunhofer-Institut keine Aufträge des Verteidigungs-Ministeriums ablehnen.

Bisher ist das Bremen-Norder Fraunhofer-Institut noch kein „normales“ Institut dieser Forschungsgesellschaft, wird also nicht zu 30 Prozent aus verschiedenen Bundeshaushalten unterstützt, sondern ist ein Institut, daß fest an den Rüstungshaushalt gebunden ist. Als Prof. Kunze die Institutsleitung übernahm, war in Bremen-Lesum noch zu 80 Prozent Rüstungsforschung betrieben worden. Kunze drückte diesen Anteil vorausschauend auf derzeit 65 Prozent. Er selbst hat sich in Verhandlungen mit dem Bremer Bildungssenator verpflichtet, die Grundfinanzierung durch das Bonner Verteidigungsministerium „in einem Kraftakt“ bis Ende 1996 auf Null zu bringen. Die Forderung des Akademischen Senats geht jedoch weiter: Kunze soll sich verpflichten, nie wieder einen Auftrag aus dem Verteidigungsministerium anzunehmen. Prof. Kunze wäre dazu auch unter einer Bedingung bereit: „Wir haben zur Zeit 165 Mann. Wenn eine Finanzierungslücke auftritt, und wir auf einen Auftrag des Verteidigungsministeriums angewiesen wären, müßte Bremen die Konsequenzen tragen und die Deckungslücke abdecken. Damit könnten wir leben.“ Doch für realistisch hält Kunze dieses Kompromißangebot nicht: „Bei der finanziellen Situation Bremens wird das wohl nicht gehen.“ Abgesehen davon existiere die Schwierigkeit, daß Aufträge aus Bonn nicht abglehnt werden dürften. Höchstens ein Saddam Hussein, nicht aber das Bundesverteidigungsministerium könne vom Institut abgewiesen werden.

Professor Kunze erklärte ausdrücklich seine Bereitschaft zu einer „offenen Politik“ gegenüber allen KritikerInnen: „Ich habe dem Rektor angeboten, daß die Uni eine wissenschaftliche Begleitstudie zum Konversionsprozeß machen kann.“ Die gleiche Forderung hatten Studierende im Akademischen Senat erhoben.

Bis Frühherbst sollen die Verhandlungen mit der Fraunhofer- Gesellschaft abgeschlossen sein. Uni-Rektor Jürgen Timm hat vom Akademischen Senat die Zustimmung, daß er bei Zeitdruck den Kooperationsvertrag unterschreiben darf, ohne daß das Gremium den Vertrag vorher gesehen hat. B.D.