Marsch der Neonazis in Wunsiedel verboten

Landratsamt untersagt den Rudolf-Heß-Gedenkmarsch/ Beründung: Gewalttätigkeiten vorprogrammiert  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Das Landratsamt Wunsiedel will dem alljährlichem Aufmarsch militanter Rechtsradikaler am Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß ein Ende bereiten.

Landrat Peter Seißer (SPD) verbot den für den 17. August geplanten „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“, zu dem Rechtsextremisten bundesweit aufgerufen haben. Die Verbotsbegründung zielt insbesondere auf die „zu befürchtende Teilnahme einer großen Anzahl erheblich gewaltbereiter Gruppierungen aus den fünf neuen Bundesländern“.

Im letzten Jahr zogen etwa 1.000 Alt- und Neonazis aus ganz Deutschland, der CSFR, Flandern, den Niederlande und Österreich durch die Straßen der Festspielstadt in Oberfranken und machten Wunsiedel zum Wallfahrtsort. „Wunsiedels Straßen gehören uns“, jubilierte der für den Ordnungsdienst zuständige Christian Worch von der Hamburger „Nationalen Liste“.

Auch für Michael Kühnen hatte Wunsiedel einen entscheidenden Stellenwert, denn dort habe die „Rechte ihre Organisationsegoismen“ überwunden. „Das Gemeinsame, Rudolf Heß zu ehren, war stärker als das Trennende.“ Das Landratsamt hatte aufgrund der Erfahrungen in den Vorjahren auf ein Verbot des „Gedenkmarsches“ verzichtet. Die Gerichte hatten entsprechende Verbotsbescheide 1988 und 1989 wieder aufgehoben.

In diesem Jahr hat jedoch das Landratsamt Rückendeckung vom bayerischen Innenministerium erhalten. Schon im März, als Rechtsextremisten in München einen „Leuchter-Kongreß“ planten zur sogenannten „Auschwitz-Lüge“, hatte Innenminister Edmund Stoiber erklärt, daß „im Jahre Eins der Deutschen Einheit endlich Schluß sein“ müsse mit dem „Nazi-Spuk“.

Da schließlich das „nationale Ansehen“ auf dem Spiel stünde, werde er „solche Umtriebe künftig nicht dulden“. „In Absprache“ mit dem Innenministerium hat das Landratsamt nun einen Verbotsbescheid verfaßt, der alle vorherigen Bescheide im nachhinein als halbherzige Versuche entlarvt.

Landrat Seißer konstatiert in dem Bescheid einen „besorgniserregenden Aufschwung“ des Rechtsextremismus in der Ex-DDR „als Folge der sozialen und wirtschaftlichen Probleme“. Die Szene zeichne sich durch „äußerste Brutalität“ aus, damit seien gewalttätige Ausschreitungen in Wunsiedel „vorprogrammiert.

Dies um so mehr, „als offen erklärtes und unerbittlich verfolgtes Ziel potentieller Teilnehmer aus den fünf neuen Bundesländern insbesondere der Kampf gegen Ausländer und den politischen Gegner ist“.

Der Landrat Seißer zeigt sich davon überzeugt, daß der diesjährige Verbotsbescheid bestimmt einer gerichtlichen Überprüfung standhalten werde.