■ Gran Teatro Amaro

»Alles nahm seinen Anfang, als ich nicht länger in der Lage war, die Menschen, die mich umgaben, zu ertragen. Die Grenzen. Ich begehrte in die Seele zu greifen, und den Schmerz und das Glück herauszureißen. Ich wolltes euch mitteilen. Freiwillig oder gezwungenermaßen«, schreibt Francois-Régis Cambuzat vom Gran Teatro Amaro. Das Gran Teatro Amaro ist grenzüberschreitend — sie kommen aus Italien, Frankreich, Deutschland und Holland — und wollen Musik machen »total leidenschaftlich und ohne aufzugeben, aber Amaro — bitter — wie das Leben«.

Zwischen Möven und Meer klingt das manchmal sehr chansonesk. sentimental, sommer- und freudetrunken; erinnerungsträchtig, wenn die Töne des Klaviers vorbeiperlen, dann plötzlich Gitarren laut schrammelnd kommen, ab und an das Akkordeon an schutzlos sehnsüchtigen Herzen herumspielt. Das eigenste Leben wird glücklich in Angriff genommen. Im Zwiegesang antwortet die Frau italienisch dem Mann und umgekehrt; traurig verliebt, wie es sich gehört. Und im langsaamen Tango erobert man sich unterstützt von den Trommeln eines Trauermarsches die eigene Welt. Nur selten gleitet das Gran Teatro ab in Georges Moustaki-Klischees. In offener Trauer oder Sehnsucht, nie deprimiert, ruft die Seele nach all dem, was sich im Herzen mit Freiheit und Liebe als Wörtern verbindet. Viele eher stille Herbstblätter, Himmel, Augen ziehen heute und jetzt vorbei und das einsame Ich des Liedes verliert sich im Gesang — mit den anderen im Tanz. Wo sich beides, die Vertrautheit und Wärme südlicher Dörfer und Städte und die Sehnsucht der Reise vermischen, ist jedes Lied ein Fest. Und es hat schon etwas sehr bezeichnend sympathisches, daß genau diese Musik bei den Freunden im Tacheles unumstritten war, wie deren Musikorganisator Rainer Robben berichtete.

Denen, die zu Haus im Berlin bleiben, sei jedenfalls der Aufstieg in den Blauen Salin des Kunsthauses Tacheles empfohlen.Auf dem Weg unters Dach kann man sich auch noch ein wenig Industriekunst anschauen, im »Kino Angenehm« sollte man kurz halten, um Studentenfutter zu kaufen. Das Großstadtherz wird danch bedient. Detlef Kuhlbrodt

Freitag und Samstag um 22 Uhr im Kunsthaus Tacheles