WirtschaftsNotizen

Währungsunion eine „Meisterleistung“

Technisch — darin sind sich alle Experten einig — war die deutsche Währungsunion vom 1. Juli 1990 eine Meisterleistung. Die Deutsche Bundesbank wickelte die binnen weniger Wochen zu leistende Bereitstellung von rund 25 Milliarden Mark in der DDR so reibungslos ab, als hätte der beispiellose Bargeldtransfer monatelang geprobt werden können.

Zum befürchteten großen Kaufrausch, der binnen kürzester Zeit eine gewaltige Menge Geldes in Umlauf gebracht und einen Inflationsschub ausgelöst hätte, kam es nicht. Die Ostler zogen es vor, angesichts der unsicheren Zeiten einen Teil ihres D-Mark-Schatzes anzulegen und längerfristig dem Geldkreislauf zu entziehen.

Die bemerkenswerte Einhelligkeit, die unter Volkswirten in der Einschätzung der technischen Abwicklung der Währungsunion herrscht, erstreckt sich nicht auf die Bewertung ihrer „Richtigkeit“. Im Kern steht die Frage, ob es zweckmäßig war, die leistungsschwache DDR-Wirtschaft dem Schock einer übergangslosen Eingliederung in das Gebiet einer der härtesten Währungen der Welt auszusetzen.

Zwar sei der Schritt in die Währungsunion einem Unternehmen wie der „Besteigung der Eiger- Nordwand bei Nebel“ gleichgekommen, hat der designierte Pöhl- Nachfolger und Bundesbank-Vize Helmut Schlesinger dazu gesagt. Doch schon damals habe man gewußt, daß dabei die — allerdings unterschätzten — „fundamentalen Strukturschwächen der ostdeutschen Wirtschaft schnell zutage treten mußten“.

Auch einer ihrer Architekten, der an den Verhandlungen mit der DDR beteiligte designierte Schlesinger-Nachfolger Hans Tietmeyer, hat eingeräumt, daß ohne die Währungsunion heute der wirtschaftliche Umbruch in den neuen Bundesländern zumindest zum Teil abgefedert werden könnte. So kann ein industriell leistungsschwaches Land seine Exportchancen dadurch verbessern, daß es seine Währung abwertet und seine Produkte damit für ausländische Käufer billiger macht. Unter Fachleuten herrscht die Meinung vor, daß die Beibehaltung einer eigenen schwachen DDR-Währung, die ostdeutschen Produkten mehr Abnehmer garantiert hätte, angesichts der politischen Lage keine realistische Alternative gewesen wäre. „Wenn man freie Hand gehabt hätte, hätte man die Dinge langsamer machen können“, sagen die OECD-Experten. Der Zusammenbruch der DDR-Produktion hätte sich in diesem Ausmaß wohl nicht vollzogen. Eine schnelle politische Einigung Deutschlands wäre dann aber ausgeschlossen gewesen: „Ein Land kann nicht mit zwei Währungen leben.“ Thomas Klau