Kriegspielen mit Panzern im Grunewald macht den Alliierten einfach zuviel Spaß, als daß sie darauf verzichten wollten

Sie sind nicht mehr unsere Besatzer, sondern unsere Gäste. Doch die Alliierten scheinen sich an den neuen Status nicht gewöhnen zu wollen. Von Dienstag auf Mittwoch morgen fuhren sie — so als würde für Berlin noch der Viermächte-Status gelten — ein Manöver im Grunewald. Die grünen Schilder mit rotem Verbotskreis und dem Vermerk »Privatweg — für Kraftfahrzeuge gesperrt« übersahen die Panzerfahrer, verbogen grün-weiß-gestreifte Absperrgitter und rissen mit ihren Ketten die Wanderwege auf. Ein Radfahrer berichtete der taz, daß auf einem Weg am Teufelssee eine 100 Meter lange Ölspur mit Sand zugedeckt worden sei.

Die erschrockenen Revierförster beschwerten sich beim zuständigen Bezirksstadtrat. Dieser war wiederum darüber überrascht, daß zum einen die Alliierten ihre Truppenübungsplätze verlassen hatten, und wenn sie dies schon tun, er nicht darüber informiert wurde. Überrascht war auch die Polizei. Eine routinemäßige Streife folgte einer Panzerspur, die im Grunewalder Schildhornweg ihren Anfang nahm und sich über die Havelchaussee und die Ruhlebener Straße zog. Dort gaben die Ordnungshüter die Verfolgung mit ihrem VW-Bus auf, weil ihre Zuständigkeit an der Kreuzung endete. Die Panzerspur dagegen endete erst in der Wilhelmstraße — hinter dem Kasernentor der britischen Barracks in Spandau.

Der britische Presseoffizier erklärte gegenüber der taz, daß die Truppen mit zwölf Panzern ein nächtliches Manöver außerhalb ihrer Truppenübungsplätze gefahren haben, weil das »more realistic« sei. Die Militärs würden diese Übungen aber aufgrund der neuen Situation auf ein Minimum reduzieren. Karl Marx von den Berliner Forsten bestätigte, daß das Manöver erlaubt gewesen sei. Der Einigungsvertrag habe für die Alliierten keine Übungsmöglichkeiten in den neuen Bundesländern vorgesehen, die in Berlin stationierten Truppen dürften deshalb weiterhin im Stadtgebiet üben — oder müßten nach Westdeutschland.

Marx betonte, daß es inzwischen allerdings enge Absprachen mit den Militärs gebe, um die Manöverschäden möglichst gering zu halten. Die Engländer hätten diesmal keine großen Schäden hinterlassen. Probleme gebe es eher mit den Amerikanern, die den Grunewald für private Grillparties nutzten. diak/Foto: Russell Liebman