MIT DEM STEUER-STICHTAG AUF DU UND DU — EINE ÜBERSICHT
: Warum das Portemonnaie ab nächste Woche immer schneller leer wird

■ Der 1. Juli ist Stichtag für höhere Steuern, angepaßte Renten und den Sozialversicherungsausweis/ Vieles wird anders, das meiste auch teurer

Ergänzungsabgabe: Bis zum 30. Juni 1992 müssen alle SteuerzahlerInnen 7,5 Prozent an mehr Lohn-, Einkommen- und Körperschaftssteuern zahlen. Weil die Abgabe eine Steuer ist, profitieren die Kirchen entgegen anderslautender Gerüchte nicht davon. Das Geld fließt direkt in die Bundeskasse.

Mineralölsteuer I: Sie steigt für Heizöl um 2,34 Pfennig auf acht Pfennig und für Erdgas um einen Pfennig je zehn Kilowattstunden auf 3,6 Pfennig.

Medikamente: Im Juli tritt die Negativliste für Arzneimittel in Kraft. Sie enthält rund 2.500 Präparate, die wegen nicht bewiesener Wirksamkeit nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden.

Versicherungssteuer: Sie steigt von 7 auf 10 Prozent.

Nachträgliche Mini-Entlastung für reichere Familien mit guter Steuerberaterin: Für die Jahre 1983 bis 1985 wird in den offenen Steuerfällen — das sind die, die ihren Steuerbescheid nicht akzeptiert haben — wegen des damaligen Kinderfreibetrages von nur 432 Mark pro Jahr einmalig ein Ausgleich von 2.000 Mark für das erste Kind und von 1.400 Mark für das zweite Kind gezahlt. Wer gegen die einkommensabhängige Kindergeldkürzung für das zweite Kind von damals 100 auf 70 Mark monatlich geklagt hatte, bekommt nachträglich die 100 Mark zugesprochen.

Die Post erhöht wieder die Gebühren

Telefon: Ab 1. Juli werden die 20 freien Gebühreneinheiten im Westen auf zehn halbiert. Jeder Anschluß kostet 2,20 Mark pro Monat mehr. Telefonbesitzer im Osten bekommen dann auch zehn Freieinheiten. Die dreißig freien Einheiten für „Sozialanschlüsse“, die in den alten Ländern üblich sind, werden auch in den neuen eingeführt. Der Zeittakt für Gespräche aus dem Osten in den Westen sowie ins Ausland wird verlängert. Außerdem wird im Osten die Anschlußgebühr von 150 auf die westüblichen 65 Mark gesenkt.

Pakete & Päckchen: Die Gebühren für Inlandspakete werden in den neuen Ländern an die in den alten Ländern geltende Gebühr von 5,20 Mark (Fünfkilopaket in der Zone 1) angepaßt. Bundesweit teurer werden Päckchen: 4 Mark kosten sie im Inland, das Auslandspäckchen 12 Mark.

Postbank: Wer ein Girokonto bei der Postbank unterhält, darf dieses künftig überziehen: bis maximal 10.000 Mark bis zu neunzig Tage. Zugleich werden drei Mark Gebühren für bis zu fünf Buchungen genommen.

Soziale Sicherheit

Sozialversicherung: Ab 1. Juli wird der Sozialversicherungsausweis Pflicht. Wer keinen hat, trotzdem einer bezahlten Arbeit nachgeht und sich dabei erwischen läßt, muß mit 1.000 Mark büßen; die ArbeitgeberIn muß gar bis zu 5.000 Mark zahlen.

Renten: Zum 1. Juli steigen die gesetzlichen Renten in den alten Ländern effektiv um 5,04 Prozent. Die Renten in den neuen Ländern werden um weitere 15 Prozent angehoben und erreichen damit durchschnittlich fast 51 Prozent der Westrenten.

Häuslebauer

Neues für die Steuererklärung: Der Abzugsbetrag für Bau- und Hauskaufkosten wird rückwirkend vom 1. Januar an von 300.000 auf 330.000 Mark erhöht. Das sind acht Jahre lang je 16.500 (bisher: 15.000) Mark, die man in die Steuererklärung schreiben kann. Bei Umzug nach Ostdeutschland darf diese Regelung ein zweites Mal in Anspruch genommen werden. Auch das Baukindergeld wird für 1991 erhöht, von 750 auf 1.000 Mark. Wohnungen mit Sozialbindung können weitere drei Jahre zu höheren Sätzen abgeschrieben werden, wenn sie bis zum 31. Dezember 1995 fertiggestellt werden.

Berlin-Förderung: Ein Großteil der Berlin-Fördermaßnahmen fällt mit dem 1. Juli weg, zum Beispiel die erhöhten Absetzungen für Mehrfamilienhäuser und Modernisierungen, die Steuerermäßigung für die Vergabe von Wohnungsbaukrediten oder erhöhte Absetzungen für betriebliche Investitionen. Die Arbeitnehmerzulage und die Herstellerpräferenz werden später abgebaut.

UnternehmerInnen

Vermögens- und Gewerbekapitalsteuer: In den neuen Länder werden diese Steuern für die Reichen 1991 und 1992 nicht erhoben. Staffeltarife gibt es dort bei der Gewerbeertragsteuer. In ganz Deutschland wird die nächste Hauptfeststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens und der Mineralgewinnungsrechte sowie die Hauptveranlagung zur Vermögensteuer auf den 1. Januar 1993 festgelegt.

Investitionsförderung Ost: Die zwölfprozentige Investitionszulage gilt bis zum 30. Juni 1992. Daneben sind 50prozentige Sonderabschreibungen für Anlagen, Betriebs- und Privatgebäude möglich. Aufwendungen für Wohnungsmodernisierung sind in zehn Jahren abzuschreiben. Für den Einbau von Heizungsanlagen und sonstigem Erhaltungsaufwand an Gebäuden, die für eigene Wohnzwecke genutzt werden, können zehn Jahre lang bis zu je 4.000 Mark als Sonderausgaben abgezogen werden.

Im Osten schon wieder viel Neues

Übergangsgeld für ältere Arbeitslose: Es gilt in den neuen Ländern schon mit Vollendung des 55. (bisher 57.) Lebensjahres. Es beträgt 65 Prozent des letzten durchschnittlichen Nettolohns.

Steuerfreibetrag: Er gilt bei der Lohn- und Einkommensteuer in Höhe von 600 Mark für ledige Arbeitnehmer und 1.200 Mark für Verheiratete.

Ehestandsdarlehen: Für junge Familien in den neuen Bundesländern, die Ehestandsdarlehen erhalten hatten, wird auf eine Zinsanpassung verzichtet. Bei den Wohnungsbaudarlehen übernimmt der Bund 60 Prozent der Zinszuschüsse.

Krankheitskosten: Bei Krankenhausbehandlung muß die PatientIn die ersten zwei Wochen lang täglich 2,50 Mark hinzu zahlen. Die Zuzahlung für Arzneimittel ohne Festbetrag beträgt bis Ende des Jahres 1,50 Mark je Medikament. Rehabilitationen und Kuren kosten bis zum 30. Juni 1992 täglich 5 Mark Eigenbeitrag. Die Fahrtkosten zur stationären Kur werden ab 10 Mark von der Krankenkasse übernommen. Zum Schutz vor Überforderungen werden Härteklauseln eingeführt.

Kinderpflege: Bei der Pflege erkrankter Kinder unter acht Jahren gilt ab 1. Juli West-Recht. Danach wird Krankengeld bis zu fünf Tagen pro Jahr gezahlt.

Sozialbeiträge: In den neuen Ländern werden die Beitragsbemessungsgrenzen, bis zu denen Sozialbeitragspflicht besteht, bis zum Jahresende von 3.000 auf 3.400 Mark angehoben.

Kommunaler Straßenbau: Der Bund zahlt 1991 und 1992 jeweils 200 Millionen Mark zusätzlich, damit diese Mittel für die neuen Länder nicht aus den alten umgeschichtet werden müssen.

AutofahrerInnen

Mineralölsteuer II: Auf verbleites Benzin werden pro Liter 25 Pfennig aufgeschlagen, 92 Pfennig vom Tankstellenpreis gehen an die Staatskasse, die Steuer für bleifreies Benzin steigt um 22 Pfennig auf 82 Pfennig, für Diesel um zehn Pfennig auf 54,15 Pfennig.

Kilometerpauschale: Sie wird für Pkw-Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 50 auf 58 (1992: 65) Pfennig erhöht; bei Motorrädern oder Motorrollern von 22 auf 26 (30) Pfennig.

Kat-Nachrüstung: Die Förderung in den alten Ländern wird um ein Jahr bis zum 31. Juli 1992 verlängert. In den neuen Ländern gibt's sie rückwirkend ab 3. Oktober 1990. Bei Verkauf von Gebrauchtwagen wird es auch dort möglich, eine noch nicht abgelaufene Kfz-Steuerbefreiung auch für vor 1990 erstmals zugelassene Pkw, die schadstoffarm oder bedingt schadstoffarm sind, auf die KäuferInnen zu übertragen.

Kfz-Steuer für Diesel-Pkw: Plus acht Mark je 100 Kubikzentimeter Hubraum.

Glücksspiele

Münzspielautomaten: Wer nun hofft, die neuen Löcher im Portemonaie per Glücksspiel stopfen zu können — Vorsicht! Auch hier sahnt der Fiskus ab. Bei Geldspielautomaten wird zur Ermittlung der Umsätze der bisherige pauschale Vervielfältiger von 1,5 auf 2 in einem ersten Schritt erhöht, ab 1993 auf 2,5. Entsprechend erhöht sich für die SpielerInnen die Steuerbelastung bei gleichen Umsätzen zunächst um 25 Prozent. Die taz empfiehlt Gesellschaftsspiele (s. oben). taz/dpa