Öko-Wacht im Spreewald

■ „Sprunghafter“ Tourismus in dieser Saison/ Naturschützer bangen um Schutzzonen/ Selbst Kahnfährleute, die von einer intakten Landschaft profitieren könnten, ignorieren die Tabuzonen

Cottbus. Immer mehr Tagesausflügler erobern sich in dieser Saison mit dem eigenen Auto oder aus dem Reisebus heraus das Biosphärenreservat Spreewald. Das Tourismusgeschäft, durch gezielte Werbeaktionen von vielen Gemeinden angekurbelt, läuft nach der Flaute im vergangenen Jahr wieder auf Hochtouren. Doch während sich Kahnfährgenossenschaften, Hoteliers und Imbißbudenbesitzer über ihre klingelnden Kassen freuen können, stehen die Naturschützer der Region dem Besucheransturm immer kritischer gegenüber. Die Landschaft mit ihren rund 300 Fließen, noch unberührten Wiesenlandschaften, Hochwäldern und riedgedeckten Häusern ist diesem starken Zulauf gegenwärtig hilflos ausgeliefert.

Einige Touristen würden vor den sensibelsten und daher gesperrten Bereichen des Reservats, dort wo der Fischotter zu Hause ist und wo Kraniche sowie Schwarzstörche brüten, nicht Halt machen, weiß der Leiter der Burger Naturschutzstation, Steffen Budzeck zu berichten. Seine Mitstreiter haben mit hier arbeitenden Zivis Sperrschilder, die immer wieder zerstört oder abgeschraubt werden, vor Zufahrtswegen angebracht. Selbst Kahnfährleute, die eigentlich nur von einer intakten Landschaft langfristig profitieren könnten, ignorieren die Tabuzonen mitunter, so Budzeck.

Der Leiter der Wasserschutzpolizei im Oberspreewald, Dietrich Schwanke, hat noch keinen der Schilderdiebe stellen können. Auf einem Motorboot patrouillieren die Ordnungshüter im Spree-Labyrinth und verwarnen Sünder, die auf gesperrten Fließen kreuzen, mit 20 DM. Ein Bußgeldkatalog müsse noch durch die Kreisverwaltungen bestätigt werden, so Schwanke, der auch immer wieder wilde Mülldeponien an oder in den Wasserarmen protokollieren, wilde Camper im Hochwald wie überall illegale Nachtangler des Platzes verweisen muß.

Da immer mehr Ausflügler sich mit ihren Autos an touristische Ziele heranpirschen, sperrten die Polizisten auf Anraten der Naturschutzorganisation einige Feldwege und Plattenstraßen. Nicht wenige Gaststättenbesitzer, so in der bei Lübbenau liegenden Gemeinde Lehde, fürchten nun um ihren Umsatz und haben inzwischen einen peinlichen Kleinkrieg mit den Kommunalverwaltungen, die diese notwendigen Einschränkungen verantworten müssen, angezettelt. Da die Wasserschutzpolizisten — erst im vergangenen Jahr wurde ihr Revier wieder nach einem Beschluß des bezirklichen Runden Tisches hier aufgebaut — nicht überall präsent sein können, will die Leitung des Biosphärenreservates eine „Landschaftswacht“, die sich aus ABM-Kräften rekrutieren soll, ausbauen.

Es gilt wichtige Biotope vor Eindringlingen zu schützen, erklärte Steffen Budzeck. Weitere Sperrschilder müßten die Landschaft noch verunzieren, da der Naturtourismus, von dem die Region lebt, in die richtigen Bahnen zu lenken sei.

Auch wenn die Hinweise immer wieder demontiert werden, wollen die Mitarbeiter der Naturschutzstation in Burg nicht aufgeben. „Wir werden sehen, wer den längeren Atem hat“, beharren sie. Frank Richter