Wirtschaftsforscher: Keine Kredite für Moskau

■ Renommierte Forschungsinstitute empfehlen den sieben Gipfelländern, Geld an die anderen Staaten Osteuropas zu geben

Tokio (dpa) — Fünf Forschungsinstutute aus den führenden westlichen Wirtschaftsnationen haben den Teilnehmern des Londoner Wirtschaftsgipfels empfohlen, der UdSSR zwar technische Hilfe bei der Einführung der Marktwirtschaft, aber keine neuen Kredite zu gewähren. Bruce K. MacLaury, Präsident der amerikanischen Brookings Institution, sagte am Donnerstag abend in Tokio, die fünf Institute gäben den Staats- und Regierungschefs in ihrem gemeinsamen Gutachten aber den Rat, ein Stabilisierungsprogramm vorzubereiten. Damit könne der UdSSR schnell geholfen werden, wenn das Land sich zu spektakulären Schritten bei der Umstellung seines Wirtschafts- und Währungssystems entschließe.

Helmut Laumer, Direktor des Ifo- Instituts in München, das Deutschland in der seit 1987 bestehenden Organisation vertritt, erklärte bei der Vorstellung des Gutachtens: „Wären wir nicht dabei gewesen, wäre die Position gegenüber der UdSSR vermutlich noch negativer ausgefallen.“ Die fünf Institute waren sich einig, daß die meisten mittel-und osteuropäischen Staaten bereits so eindeutig die Weichen in die Marktwirtschaft gestellt hätten, daß sie bei der Vergabe finanzieller Hilfen bevorzugt werden sollten.

In ihrem Gutachten widmen sich die Institute, zu denen außerdem das French Institute of International Relations (Paris), das Royal Institute of International Affairs (London) und das Nomura Research Institute (Tokio) gehören, auch der Verknappung der internationalen Finanzressourcen. Neben dem amerikanischen Haushaltsdefizit machten die Experten vor allem die deutsche Vereinigung als Ursache dafür aus, daß den Weltmärkten derzeit große Kapitalmengen fehlen. Dieser Effekt behindert nach Ansicht der Experten einen schnellen Aufschwung in Osteuropa und könnte zu neuen Wirtschaftsproblemen in der Dritten Welt führen. Die fünf Institute empfehlen den Industrienationen dringend die Senkung der öffentlichen Verschuldung und eine Aufstockung der Entwicklungshilfen zu Lasten der Militärausgaben.