Kommunales Ausländerwahlrecht: "Keine Chance"

■ Niedersachsens Ausländerbeauftragte setzt keine Hoffnung auf den Vorstoß des Bundesjustizministers Kinkel

Am vergangenen Freitag hat der Bremer Staatsgerichtshof über die Zulässigkeit des Ausländerwahlrechts für die Beiräte verhandelt. Das Urteil wird am 8. Juli verkündet.

Ein volles kommunales Wahlrecht für AusländerInnen hat vor kurzem Bundesjustizminister Kinkel vorgeschlagen. Die taz fragte dazu niedersachsens Ausländerbeauftragte, Gabriele Erpenbeck.

taz: Bundesjustizminister Kinkel hat das kommunale Wahlrecht für AusländerInnen vorgeschlagen. Unterstützen sie ihn damit?

Gabriele Erpenbeck: Ich bin der Meinung, daß wir ein kommunales Wahlrecht für Ausländer und Ausländerinnen zunächst im Bereich der Europäischen Gemeinschaft bekommen werden. Nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts muß dafür das Grundgesetz geändert werden. Trotz des Vorschlags von Herrn Kinkel sehe ich keine verfassungsändernde Mehrheit. Ich kann aber nicht ausschließen, daß sie eines Tages da sein wird.

Sie sehen auch im Rahmen der anstehenden Grundgesetzänderungen keine Möglichkeit, das kommunale Wahlrecht für AusländerInnen durchzusetzen?

Eigentlich sehe ich mittelfristig nur die Möglichkeit, das kommunale Wahlrecht für EG- Bürger an derem jeweiligen Wohnsitz durchzusetzen. Die großen Gruppen in der Bundesrepublik — insbesondere die 650.000 jugoslawischen Staatsbürger und die 1,5 Millionen Staatsbürger aus der Türkei — wären dann außen vor.

Ich weiß auch nicht, ob das Wahlrecht wirklich der einzige Weg zur Mitbestimmung hier bei uns ist. Man muß in diesem Zusammenhang auch die Frage der Einbürgerung diskutieren. Die Einbürgerung, so wie sie jetzt angeboten wird, ist für viele nicht akzeptabel, da muß es Erleichterungen geben. Aber ich glaube, die Einbürgerung ist leichter durchzusetzen.

Welche Position vertritt die niedersächsische Landesregierung? Sollen AusländerInnen neben den Kommunalparlamenten nicht auch die Landtage wählen dürfen?

Über das kommunale Ausländerwahlrecht hinaus habe ich bisher von der Landesregierung noch nichts gehört.

Haben Sie unter den anderen Bundesländern Bündnispartner für die Durchsetzung des kommunalen Wahlrechts gefunden?

Meine Kollegin in Berlin ist der Meinung, daß das Wahlrecht einerseits nicht schadet, andererseits aber nicht der Weg zur rechtlichen Gleichstellung der Ausländer und Ausländerinnen in der Bundesrepublik ist. Sie hält die Einbürgerung für den Königsweg, was juristisch sicherlich nicht ganz verkehrt ist. Die Kollegen und Kolleginnen aus Rheinland-Pfalz, Bremen, Hamburg haben sich positiv zum kommunalen Ausländerwahlrecht geäußert. Aber wir sind nicht die Zweidrittel-Mehrheit des deutschen Bundestages.

Fragen: Hannes Koch