Beratung auf Rädern für Roma

■ Von heute an fährt ein Bus durch die neuen Länder, der Roma-Flüchtlinge juristisch berät/ Ein Pilotprojekt der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen

Berlin. Heute um 17 Uhr wird die erste mobile Beratungsstelle für Roma eingeweiht. Zwei bis drei Berater, darunter ein Rom, werden künftig mit einem Bus durch die neuen Bundesländer fahren und Roma-Flüchtlinge mit Rechtsberatung und Aufklärungsarbeit über den Verlauf von Asylverfahren zur Seite stehen. Vorbild für das Pilotprojekt ist die Arbeitsweise von Streetworkern. Der Bus sei zwar nur »ein Tropfen auf den heißen Stein« so Alfred Erdöli, Vorsitzender der Berliner Roma-Union, trotzdem aber dringend notwendig, denn die meisten Roma-Flüchtlinge säßen in Heimen weitab von jeglichen Beratungsstellen. Viele pilgern nach Berlin, um eine Beratungsstelle aufzusuchen, verlassen also ihren Landkreis und geraten damit fast zwangsläufig in die Illegalität. In den vergangenen Wochen war der Bus bereits in den neuen Ländern unterwegs.

Eine kompetente Rechtsberatung in Berlin ist umso notwendiger, als sich der Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses am 12. Juni gegen einen generellen Abschiebestopp für Roma aus Rumänien und Jugoslawien ausgesprochen hat. Aussichten auf politisches Asyl haben die meisten von ihnen nicht, da die Diskrimierungen in ihren Heimatländern in Deutschland nicht als politische Verfolgung anerkannt werden.

Darüberhinaus will die rollende Beratungsstelle helfen, Sprachbarrieren abzubauen und den »Papierkram« zu erledigen, denn ungefähr 90 Prozent der Roma können weder schreiben noch lesen, so schätzt Erdöli. Ob der Bus die ständig wachsenden Probleme der Roma bewältigen wird, ist fraglich. Denn — so Erdöli — die extreme Ausländerfeindlichkeit in den neuen Bundesländern wirke sich natürlich auch auf die Roma aus. Man könne bereits von einer »inländischen Fluchtwelle« sprechen. Roma, die nach Sachsen und Thüringen verteilt worden sind, kehren zunehmend nach Berlin zurück, finden hier wiederum keine Aufnahme in AsylbewerberInnen-Heimen und verbringen die Nächte auf der Straße.

Die mobile Beratungsstelle ist ein Pilotprojekt der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen (RAA) unter Leitung von Anetta Kahane (ehemalige Ausländerbeauftragte der DDR) sowie der Berliner Roma- Union und Sinti-Union. Finanziert wird es von den 20.000 Mark, die die diesjährigen Theodor-Heuss- PreisträgerInnen — sechs RepräsentantInnen der ehemaligen DDR-Bürgerbewegung — der RAA zur Verfügung stellten. Für die Hälfte des Geldes wurde ein gebrauchter Toyota-Bus gekauft, für die andere Hälfte ein Rom als Berater und Dolmetscher eingestellt. Das Geld wird voraussichtlich für ein Jahr reichen, doch Kahane will alles daran setzen, die mobile Beratung zu einer festen Institution zu machen. Nadja Encke

Der Bus wird heute um 17 Uhr in der Gontardstraße (Bezirk Mitte, zwischen S-Bahnhof Alexanderplatz und Fernsehturm) eingeweiht.