Statistik des Todes

■ Ärzte gegen den Atomkrieg legen Irak-Studie vor

Berlin (taz) — Mindestens 170.000 irakische Kinder unter fünf Jahren werden noch dieses Jahr an den Spätfolgen des Golfkrieges sterben, zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Internationalen Ärztevereinigung gegen den Atomkrieg (IPPNW). Die Angaben decken sich mit den Schätzungen einer Kommission der amerikanischen Harvard-Universität vom Mai.

Nach Untersuchung der Schäden im irakischen Gesundheitssystem kommt eine IPPNW-Ärztekommission zu dem Schluß, daß mit Seuchen, Unterernährung und einer Zunahme der Kindersterblichkeit um mindestens hundert Prozent zu rechnen sei. Laut Bericht sind mehr als die Hälfte der irakischen Krankenhäuser geschlossen, die anderen hätten unter katastrophalen Bedingungen eine ungleich höhere Zahl von Patienten zu versorgen.

Im kurdischen Arbil funktionierten nur noch fünf der ursprünglich 42 Krankenstationen, eine weitere Verschlechterung sei unausweichlich. Es seien Cholera- und Typhusepidemien ausgebrochen, deren Höhepunkte in dem heißen Sommer erst noch bevorstünden.

Wie viele Opfer der Krieg selbst, die anschließenden Aufstände der Kurden und Schiiten und deren Niederschlagung forderten ist bis heute nicht klar. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schätzt ihre Zahl auf 200.000. Eine private französische Untersuchungskommission sprach, ebenso wie der im Schweizer Exil lebende irakische Ex-Minister Adid al-Dschadir, von 250.000 Toten. Der türkische Ministerpräsident Turgut Özal nannte sogar 400.000 Opfer. Der Desert-Storm- Oberbefehlshaber Norman Schwarzkopf räumte immerhin ein, seine Truppen hätten 150.000 irakische Soldaten getötet, irakische Regierungsvertreter wollen dagegen nur von 85.000 bis 110.000 toten irakischen Soldaten und 35.000 bis 45.000 Zivilisten etwas wissen.

Unberücksichtigt blieb bisher die Frage, wie gefährlich die aus zerbombten irakischen Giftgasfabriken austretenden Chemikalien und die aus Reaktorruinen freiwerdende Radioaktivität sind und wie viele Opfer diese lauernde Gefahr möglicherweise noch fordern wird. taud