EG will Reform bis Dezember abschließen

Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Luxemburg stand im Schatten der Jugoslawien-Krise  ■ Aus Luxemburg M. Bullard

Ob Kurdistan oder Jugoslawien — Ad-hoc-Politik für Krisengebiete in ihrem Einflußbereich erfreut sich bei der EG seit der Golfkriegsschlappe größter Beliebtheit. Wie schon beim Sondergipfel im April gaben die EG- Staats- und Regierungschefs auch bei ihrem Treffen Freitag und Samstag in Luxemburg praktischen Initiativen den Vorzug. So läßt sich leichter Einheit demonstrieren. Den mühsamen Streit über eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der angestrebten politischen Union einschließlich Wirtschafts- und Währungsunion überlassen sie weiterhin ihren Ministern und Beamtenstäben. Diese werden sich jetzt an die Arbeit machen müssen. Schließlich konnte auch der britische Premierminister Major, bekannt als EG- Bremser, dafür gewonnen werden, daß die Verträge für die beiden Unionen beim nächsten Routinegipfel im holländischen Maastricht Ende des Jahres unterzeichnet werden sollen.

Der Paraphierung stehen jedoch noch einige Hindernisse im Wege — zum Beispiel die Frage der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Am vehementesten wehrt sich die niederländische Regierung gegen eine Aufrüstung der EG. Die Niederlande haben ab heute für sechs Monate die EG-Präsidentschaft inne. Viel Fortschritt wird deshalb in diesem Punkt nicht erwartet.

Ähnlich pessimistische Prognosen stellte der Präsident des Europaparlaments, Baron Crespo, für die Beseitigung des „Demokratiedefizits“ in der EG. Die Zwölf hätten sich nicht eindeutig auf eine echte Mitbestimmung des Parlamentes festgelegt. Ebenfalls umstritten ist nach wie vor die Sozialpolitik und die von Spanien geforderte Aufstockung finanzieller Hilfen für wirtschaftlich schwächere Regionen und Länder.

Die Situation in Jugoslawien vor Augen, konnten sich die Zwölf überraschend problemlos auf einen Vorschlag von Bundeskanzler Kohl einigen. Danach soll die Harmonisierung der EG-Asyl-, Einwanderungs- und Ausländerpolitik bis Ende 1993 abgeschlossen sein. Sie könnte in der Bundesrepublik eine Verfassungsänderung nötig machen. Außerdem soll in Kürze eine über die nationalen Grenzen hinweg operierende „Europolizei“ nach Art des US-amerikanischen FBI eingerichtet werden — vor allem für die Bekämpfung des internationalen Drogenhandels und des organisierten Verbrechens.