Vampirella und die neue Hexe

Da hat sich die ganze Welt wieder einmal geirrt. Denn die ansehnliche Sammlung von über 3.000 Paar Schuhen, die die ehemalige First Lady der Philippinen, Imelda Marcos, 1986 bei ihrer Flucht zu ihrem großen Bedauern auf der Insel zurücklassen mußte, war nach ihren Worten ein Symbol ausgeprägter Sparsamkeit. Frau Marcos wandte sich empört gegen den Vorwurf der Verschwendungssucht. Die meisten Exemplare ihrer teuren Treter seien Geschenke von Schuhmachern, die sie als Gouverneurin der Hauptstadt Manila besucht habe, behauptete die ehemalige Schönheitskönigin und spätere Vampirella. „Ich hätte diese Erinnerungsstücke, diese Liebesbeweise meines Volkes, niemals wegwerfen können“, schluchzte die 61jährige Schuhfetischistin. Außerdem sei ihre Leidenschaft keineswegs ungewöhnlich, schließlich würden in jedem beliebigen Kleiderschrank Schuhe lagern. „Gott sei Dank haben die Leute“, als sie Imeldas Schrank öffneten, „Schuhe gefunden und keine Skelette“, meinte Imelda, und das müsse man doch auch würdigen.

Daß die Diktatorenwitwe immer noch eine Menge Gift verspritzen kann, bewies sie, als sie verriet, daß ihr toter Gatte kurz vor seinem finalen Abgang auf Hawaii die Philippinen verflucht habe. Erst wenn Ferdinand Marcos in seiner Heimat beerdigt werde, was Corazon Aquino verbiete, werde der Fluch aufgehoben. Dieser „Fluch“ und das sich immer mehr ausbreitende Gerücht von der unglückbringenden Hexe Aquino sind ein beliebtes Thema der philippinischen Kommentatoren. Kritiker machen sie seit Jahren für die Instabilität im Lande verantwortlich. Denn seit Aquinos Amtsantritt erlebte das Land sieben Putschversuche der Militärs, wurde von mehreren schweren Erdbeben und Taifunen heimgesucht, und nun brach auch noch der Vulkan Pinatubo erstmals seit 600 Jahren wieder aus.

Letztes Wochenende hatte die Präsidentin die Faxen dicke. Aquino will wieder weg vom Hexen-Image und versuchte, sich als Engel zu verkaufen. Sie sei keine Unglücksbringerin, und die jüngste Katastrophe sei keine von Gott geschickte Strafe für die Sünden der Philippiner oder ihrer Regierung, sagte Frau Aquino. Als Hilfe gegen die Naturkatastrophen empfahl die gläubige Katholikin Beten. Denn das Unglück werde zu einer neuen „Einheit mit Gott“ führen, orakelte sie. Das wiederum beeindruckte Vapirella Imelda überhaupt nicht, sie kündigte frech ihre Rückkehr nach Manila an. Karl Wegmann