Die Krisenregion ist „Ausland“

■ In den Medien der anderen Republiken erfährt man kaum etwas über den Bürgerkrieg

Slowenien liegt weit weg und was dort passiert, das betrifft einen ja gar nicht. Einen solchen Eindruck kann bekommen, wer an diesem Wochenende die Zeitungen aus Südjugoslawien aufschlägt. Wer glaubt, die Militärintervention in Slowenien wäre das Thema in den jugoslawischen Medien, der irrt. Nicht nur für die 'Nova Makedonia‘, auch für alle anderen Zeitungen aus Skopje steht die eigene „innenpolitische Lage“ im Vordergrund — und danach das „Ausland“, dann erst Slowenien. Ungeachtet der Entwicklungen in Nordjugoslawien setzt man alle Anstrengungen daran, seine eigene „Staatlichkeit“ zusammenzubasteln. Es geht um die Frage, wie der „feindliche“ Nachbar Bulgarien auf einen „Freien Staat Mazedonien“ reagieren wird, der nach wie vor an der Vorstellung festhält, Mazedonier seien nichts anderes als „Ost-Bulgaren“.

Aber auch die Loyalität der eigenen albanischen Minderheit macht soviel Kopfzerbrechen, daß dagegen sogar die Toten in Slowenien in den Hintergrund treten müssen. Wer sich dennoch darüber informieren möchte, der hat es schwer. Nicht einmal in die Hauptstadt Skopje wird eine slowenische Zeitung geliefert. Nicht anders das Bild in Montenegro. Von Titograd ist es eben weit bis zu den Südalpen. Aber auch Belgrad scheint mehr als nur die 400 Kilometer von Ljubljana entfernt zu liegen. War es schon zu Titos Zeiten schwer, am Kiosk ein slowenisches Blatt zu finden, so ist jetzt die Suche vollends vergebens. So besinnen sich die Serben auf die eigenen Medien. Doch alle bringen nur einen gefärbten Ausschnitt, wenig Bilder, keine Reportagen, aber um so mehr Analysen: Obwohl sich die Belgrader Blätter in der „serbischen Innenpolitik“ geradezu „bekämpfen“, ist man sich in der Frage der „slowenischen Staatszerstörer“ ('Politika‘) einer Meinung: Die „abtrünnigen Brüder“ müßten zur Vernunft gebracht werden, sie allein seien schuld an dem, was in diesen Tagen passiert, sie müßten ihre Unabhängigkeit aufgeben.

Einzige Abhilfe für bemittelte Belgrader: Sie schalten auf Satelliten-Empfang und erfahren so über westliche TV-Kanäle vom brutalen Vorgehen der Bundesarmee, sehen jene Schreckensbilder, die um die Welt gingen — nur nicht nach Belgrad. Roland Hofwiler