INTERVIEW
: „Die PDS hat uns hingehalten“

■ Abteilungsleiter Gunter Greve, vom Treuhand-Direktorat Sondervermögen, über die Sperrung der PDS-Konten

Die PDS ist empört über den Beschluß der Berliner Treuhandanstalt, die Konten der Partei ihrer direkten Kontrolle zu unterstellen. Damit muß sich die PDS derzeit jede einzelne Abbuchung genehmigen lassen. In einer Protestaktion, die möglicherweise jeden Montag wiederholt wird, haben gestern rund 300 Parteimitglieder die Behörde mit einer Flut von Einzelrechnungen — so über Zeitungsabonnements und Schreibmaschinen-Reperaturen — lahmlegen wollen. Nach zwei Stunden allerdings waren die Belege bearbeitet, und die „Menschenkette“ konnte wieder abziehen.

taz: Was hat die Treuhand bewogen, gerade jetzt die Konten der PDS zu beschlagnahmen?

Gunter Greve: Wir haben den gesetzlichen Auftrag, das Vermögen der SED, also das alte Parteivermögen, zu verwalten, das jetzt in den Händen der PDS ist. Dieser Auftrag existiert schon seit dem 3. Oktober 1990. Anfangs hatten wir auch eine Verständigung mit der PDS gefunden, wonach die PDS ihre Vermögensangelegenheiten sehr großzügig selbständig verwalten konnte. Wir haben im Laufe der Zeit aber festgestellt, daß sehr viel mehr Geld abfließt, als die PDS einnimmt.

Wie interpretieren Sie diesen Geldfluß?

Das ist kein Geheimnis, sondern schlichtweg die Tatsache, daß die PDS von einer großen Staatspartei absteigen muß zu einer kleinen Partei. Das bedeutet, daß sie sich von einer Vielzahl ihrer Mitarbeiter trennen muß. Da dies ein schwieriger Prozeß ist, machen wir ihr auch keinerlei Vorwürfe.

Mittlerweile ist die Zahl der PDS- Mitarbeiter ja bereits von rund 44.000 auf 900 geschrumpft...

...es gibt dennoch viele Ausgabenpositionen, die uns zu hoch waren.

Wäre das nicht ein Problem der PDS, indem sie sich verschuldet?

Das kann sie doch gar nicht. Wir haben eine Rechnung aufgemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß die PDS in diesem Jahr 88 Millionen Mark mehr ausgibt, als sie einnimmt. Man kann sich leicht vorstellen, daß das eine kleine Partei gar nicht aushält.

Treibt Sie also mehr die Fürsorge für eine kleine Partei?

Das nicht gerade, aber wir halten es für ausgeschlossen, daß die PDS dieses Geld über den Kreditmarkt bekommt. Das will sie ja auch gar nicht. Die PDS wollte und will dieses Defizit aus dem Altvermögen der SED finanzieren. Und das ist der Punkt, den wir nicht mehr zulassen können.

Um auf die beschlagnahmten Konten zurückzukommen: Sind Sie denn sicher, daß die PDS nur über diese Konten verfügt?

Nein. Es gibt keinen 100prozentigen Überblick über die Finanzquellen der PDS.

Verbinden sich Ihre Maßnahmen mit konkreten Vorwürfen, sei es gegen die Herrschaften der alten SED, sei es gegen Gysi und seine Vorstandskollegen in der PDS?

Überhaupt nicht gegen den neuen Vorstand. Wir müssen anerkennen, daß sich dieser neue Vorstand alle Mühe gegeben hat, die Belastungen abzubauen und den Personalstand niedrig zu halten. Insbesondere PDS-Schatzmeister Bartsch hat sehr energisch gearbeitet. Der einzige Vorwurf, den wir der PDS machen können, ist der, daß sie uns in den letzten zwei, drei Wochen, als wir vertiefte Informationen haben und gemeinsam ein Finanzkonzept entwickeln wollten — Trennung von Alt- und Neuvermögen — hingehalten hat. Da haben wir dann gesagt: Jetzt machen wir nicht mehr weiter. Das wäre der einzige, eher formale Vorwurf, den wir erheben können.

Wann könnte denn feststehen, über welche Gelder die PDS endgültig verfügen kann und über welche nicht?

Diese Entscheidung hat nicht die Treuhandanstalt zu treffen. Wir haben nach dem Parteiengesetz im Einigungsvertrag das Vermögen treuhänderisch zu verwalten. Die letztendliche Verfügung über das Vermögen trifft die Unabhängige Kommission zur Überprüfung der Parteivermögen. Interview: Barbara Geier