Die Affäre Gies kocht weiter hoch

CDU-Abgeordneter Geisthardt fordert einen Ausschuß zur Untersuchung der Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Gerd Gies/ Abgeordneter Koch verlangt erneut Rücktritt  ■ Von Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) — In der Affäre um Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Gerd Gies (CDU) hat der christdemokratische Landtagsabgeordnete Ralf Geisthardt gestern die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gefordert.

Geisthardt selbst ist in der Angelegenheit nicht ganz unbeteiligt. Zum einen ist er neben dem Ministerpräsidenten selbst und seinem Innenminister Wolfgang Braun (CDU) der dritte Abgeordnete, der durch die Stasi-Jagd unter den Christdemokraten ins Parlament nachrückte, zum anderen ist er der Bote, der von der Sonderbehörde Gauck in Berlin die Listen mit möglicherweise belasteten CDU-Abgeordneten nach Magdeburg brachte.

Der Abgeordnete Christoph Koch, seinerzeit von Gies und dem CDU-Fraktionschef Joachim Auer selbst ins Kreuzverhör genommen, forderte erneut den Rücktritt des Ministerpräsidenten oder ein konstruktives Mißtrauensvotum durch die CDU-Fraktion.

Koch war damals ebenso wie andere CDU-Abgeordnete von Gies bedrängt worden, sein Mandat niederzulegen, damit Gies in den Landtag einziehen konnte.

Unterdessen hat der Frankfurter Privatdetektiv Klaus-Dieter Matschke bestätigt, daß er von der CDU-Spitze mit der Überprüfung der Abgeordneten der Fraktion beauftragt war. Matschke konnte jedoch nicht mehr sagen, ob er diesen Auftrag von Braun oder von Gies selbst bekam. Er habe jedoch eine Liste mit den Namen aller Abgeordneten bekommen, sagte Matschke. Hinter mehreren Namen hätten Aktenzeichen des MfS-Archivs gestanden. Er sollte überprüfen, ob es sich dabei um die Aktenzeichen von Opfern oder Tätern handele.

Drei Abgeordnete habe er überprüfen können. Es handele sich dabei um genau die, die später ihr Mandat niedergelegt haben und so den Weg ins Parlament für Gies, Braun und Geisthardt freigemacht hätten.

Der SPD-Landesvorsitzende Rüdiger Fikentscher sagte gestern in Magdeburg, daß ein Rücktritt von Gies das Problem nicht lösen würde. „Bis zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten bliebe Gies schließlich geschäftsführend im Amt“, sagte Fikentscher. Ein neuer von der CDU aufgestellter Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten könne bei einem konstruktiven Mißtrauensvotum gegen Gies nicht unbedingt mit den Stimmen der SPD rechnen könne.

„Wir haben den besseren Kandidaten für dieses Amt, aber noch keine Mehrheit.“ Wenn die SPD bei einem Mißtrauensvotum dem gegen Gies gestellten CDU-Kandidaten die Zustimmung verweigert, könnte sie damit unfreiwillig sogar zum Steigbügelhalter für Gies werden.