Letzte Fahrt durch die Bauchhöhle

■ Zur Abschiedsfeier im Klinikum Westend gab's eine kleine Operation vor geladenen Gästen

Berlin. Die Einladung klang merkwürdig: Prof. Dr. Peter Neuhaus, Direktor der Chirurgischen Klinik, bittet die Presse zur letzten Operation ins Klinikum Westend. Es handele sich um eine »laparoskopische Cholecystektomie«, bei der die Gallenblase durch »endoskopische Methoden« entfernt würde. Im »Anschluß an die Operation« finde »in dem OP eine kleine Abschiedsfeier« statt.

Vermummt in sterilem Kittel, Mundschutz, Haube und mit Plastiktüten an den Füßen durfte die Presse gestern früh in den »seit fast 90 Jahren wenig veränderten« Operationssaal II schleichen, in dem vor wenigen Jahren die spektakuläre erste Kunstherz-Einpflanzung in Deutschland vollführt worden war.

Nun aber liegt hier die 66jährige Irma S., deren langwierigem Gallenleiden ein Ende bereitet werden soll. Von einem gewöhnlich blutigen Schnitt mit dem Messer bleibt die Frau jedoch völlig verschont, denn die Aktion läuft »laparoskopisch«, quasi von innen, ab. Da die Zwei- Zentner-Patientin, wie der Operateur Dr. Raakow erklärt, mit »stark adipösen« (sprich extrem fetten) Bauchdecken ausgestattet sei, habe diese Methode erhebliche Vorteile. Denn große Speckwunden heilen besonders schlecht. Über zwei in den Leib gebohrte Kanäle werden winzige Scheren und Zangen eingeführt, in einem dritten Zugang hängt eine Mini-Videokamera am Glasfaserkabel. Der Chirurg verweist auf den Farbmonitor und lädt zu einem Sightseeing in Frau S.' Inneres: »Hier sehen Sie die Leber, nun bewegen wir uns an den Nieren entlang Richtung Beckenboden...«

Nach Einschätzung des Chirurgen Dr. Rainer Lüsebrink sei diese alternative Operationstechnik mittlerweile ein »Standardverfahren, das zunehmend an Beliebtheit gewinnt«. Doch damit ist es im Westend jetzt vorbei, der Umzug ins Weddinger Universitätsklinikum steht bevor. »Die Galle« jedoch sollte dann doch nicht die letzte Operation gewesen sein. Denn bevor mitten im OP das Bierfaß zur Party angestochen wurde, mußte Prof. Neuhaus unvorhergesehen noch einmal persönlich zur Tat schreiten: Es galt, eine frisch aus Israel eingeflogene Leber zu transplantieren. cat