Kämpfe im Südlibanon gehen weiter

■ Libanesisches Militär beschießt Palästinenserlager mit Raketen/ Arafat schaltet arabische Staaten und UN-Sicherheitsrat ein/ Israel will auch weiter Palästinenserstellungen im Südlibanon angreifen

Sidon/ Tunis/ Jerusalem/ Algier (dpa/ap/afp) — Die Kämpfe im Umkreis palästinensischer Flüchtlingslager in der südlibanesischen Hafenstadt Sidon sind gestern mittag wieder voll entbrannt, nachdem ein Armee-Ultimatum für einen palästinensischen Abzug aus einem strategisch wichtigen Dorf abgelaufen war. Die libanesische Armee hatte den Führern der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den Lagern Ain al-Hilweh und Mieh Mieh bis 12 Uhr Zeit gegeben, das bei den Flüchtlingslagern liegende Dorf Mieh Mieh zu verlassen. Nach Angaben von Militärs in Sidon nahm die libanesische Armee palästinensische Guerillas in beiden Lagern mit schwerer Artillerie und Raketen unter Beschuß. In Mieh Mieh sei es zu schweren Haus-zu-Haus-Kämpfen gekommen. Die libanesische Regierung erklärte am Mittwoch, sie werde so lange jeglichen Dialog mit den Palästinensern aufschieben, bis diese entwaffnet seien.

Die Regierung in Beirut hatte wiederholt angedeutet, mit den Palästinensern über deren gesellschaftliche und politische Rechte in Libanon sprechen zu wollen, sobald die Armee in Sidon ihre Stellungen bezogen habe. Verteidigungsminister Murr betonte, seine Soldaten seien inzwischen in der Lage, alle Höhenlagen im Umkreis der Lager zu kontrollieren.

PLO-Chef Jassir Arafat hat nach der Vertreibung seiner Milizen aus ihren Stellungen durch die libanesische Armee einen „dringenden“ Hilfsappell an Ägypten und Libyen gerichtet. Darin forderte er Präsident Husni Mubarak und den libyschen Revolutionsführer Muammar el-Gaddafi auf, „das neue Massaker an den Palästinensern“ im Südlibanon zu beenden. Unterdessen verpflichtete sich der Generalsekretär der Arabischen Liga, Esmat Abdel Meguid, die Rechte der Palästinenser im Libanon zu unterstützen.

Die algerische Regierung will sich nach Angaben Arafats für das Zustandekommen eines Dialogs zwischen Libanon und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) einsetzen. Nach einem Treffen mit dem algerischen Präsidenten Chadli Bendjedid erklärte Arafat, Algeriens Außenminister Lachdar Brahimi sei mit einer entsprechenden Aufgabe betraut worden.

Auch den fünf Ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats ließ der Führer der Palästinensischen Befreiungsorganisation Botschaften zukommen, in denen die „bedauerlichen Entwicklungen“ und die „Aggression der libanesischen Armee“ erwähnt werden. Arafat beauftragte die Botschafter Frankreichs, Großbritanniens, der Sowjetunion und Chinas in Tunis am Dienstag abend damit, ihren Regierungen die Botschaft zu überbringen.

Die USA forderten die Konfliktparteien in Libanon auf, sich der Umsetzung des Abkommens von Taif zur Beendigung des 15jährigen Bürgerkriegs im Land nicht zu widersetzen. „Die Vereinigten Staaten unterstützen die Bemühungen der libanesischen Regierung tatkräftig, (...) ihre Souveränität auf das gesamte Staatsgebiet auszudehnen“, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tutwiler.

Der libanesische Präsident hofft, mit der Übernahme der Regierungskontrolle in ganz Libanon diplomatischen Druck auf Israel ausüben zu können, damit sich die Regierung in Jerusalem zum Abzug aus der von Israel beanspruchten Sicherheitszone im Süden bereit erklärt. Israel lehnt dies aber weiter ab. Ein Militärsprecher sagte, die israelische Armee werde künftig PLO-Kämpfer auch in solchen Gebieten Südlibanons angreifen, in denen die libanesische Armee die Kontrolle ausübt.

Die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (FDLP) von Naef Hawatmeh hat sich inzwischen zum Überfall auf eine israelische Armeepatrouille in der von Israel kontrollierten Sicherheitszone bekannt. Die FDLP teilte in der Nacht zum Mittwoch in Beirut mit, sie habe dabei „eine große Zahl“ von Soldaten getötet und verletzt. Auch zwei ihrer eigenen Leute seien umgekommen. Die israelische Armee hatte gemeldet, bei Zusammenstößen im Nordosten der Sicherheitszone zwei „anti- israelische Kämpfer“ getötet zu haben, auf seiten der Israelis habe es keine Verluste gegeben.