Warten auf grünes Licht

■ In ihrer Dringlichkeitssitzung in Prag diskutierte die KSZE über eine „Mission des guten Willens“

Im Prager Czernin-Palais waren die Hohen Beamten der 35 KSZE- Staaten gestern vor allem mit einem beschäftigt: sie warteten. Denn auch bis zum späten Nachmittag war aus Belgrad keine Antwort zu der am Morgen beschlossenen Entsendung einer KSZE-Delegation in das Krisengebiet eingegangen. Bekannt wurde lediglich, daß sich die jugoslawische Regierung gegen Beobachter gewandt habe. Durch die Entsendung soll der Waffenstillstand gefestigt und der Rückzug aller Streitkräfte in die Kasernen überwacht werden.

Um ihre teure Zeit nicht ganz unnütz verstreichen zu lassen, befaßten sich die Beamten daher mit technischen Fragen. Diskutiert wurde außerdem über die Bildung einer „Mission des guten Willens“, die als Vermittlerin zwischen den Konfliktparteien fungieren könnte. Dieser Vorschlag soll jedoch von Jugoslawien und der Sowjetunion abgelehnt worden sein. Deutlich wurde in Prag, daß eine Mehrheit der KSZE-Staaten die Einheit Jugoslawiens nicht länger „um jeden Preis“ erhalten will. Als ihre „harten“ Verteidiger erweisen sich nur noch Frankreich und die UdSSR. Während Polen für das Selbstbestimmungsrecht Kroatiens und Sloweniens eintritt, hielt sich CSFR- Außenminister Dienstbier angesichts separatistischer Tendenzen in der Slowakei in seinen Formulierungen zurück. Die Unabhängigkeitserklärungen bezeichnete er „als eine Etappe auf dem Weg der Ausbildung einer neuen jugoslawischen Verfassung“.

„Eine sehr enge Gemeinschaft“ der Völker Jugoslawiens will auch Sloweniens Präsident Kucan nicht ausschließen. Eine Zusammenarbeit im Stil der EG sei jedoch nur möglich, wenn die einzelnen Republiken dies wollten, nicht wenn sie gewaltsam gezwungen würden. Um diese Gewalt zu verhindern, appellierte Kucan erneut an die Solidarität der Weltöffentlichkeit. Er hoffe, daß die Slowenen nicht das Schicksal der Kurden erleiden müßten. her