Fast alle Räder der Reichsbahn standen still

■ Stillstand auf der Schiene/Tarifeinigung mit DGB-Gewerkschaft

Berlin/Halle. Der Vorstand der Deutschen Reichsbahn und die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) haben sich gestern vormittag auf einen Tarifvertrag geeinigt. Darin werden der Manteltarifvertrag der Bundesbahn für die Reichsbahner übernommen und eine Dienstzeitanrechnung sowie Abschlagszahlungen zur Lohnsicherung vereinbart. Der Vorsitzende der GdED, Rudi Schäfer, bewertete das Ergebnis als gut. An die Gewerkschaften der Lokführer (GDL) und Bundesbahnbeamten (GDBA) erging das gleiche Angebot. Die Vereinbarungen standen bis Redaktionsschluß aus. Bei dem mit der GdED ausgehandelten Tarifabschluß werden die Dienstzeiten bei der ostdeutschen Bahn nur für den Fall angerechnet, daß ein Reichsbahner auf einen neuen Arbeitsplatz versetzt wird und dort weniger Lohn erhält. In diesem Fall werde abhängig von der Reichsbahndienstzeit eine Lohnsicherung eintreten, sagte der Personalchef der Reichsbahn, Siegfried Klippel. Alle Reichsbahnstellen sollen dem Abschluß nach bis zum Ende des Jahres neu bewertet werden. Wo dies nicht sofort möglich ist, zahlt die Reichsbahn Abschläge in Höhe von 15 Prozent des bisherigen Grundlohns, maximal jedoch 150 Mark im Monat.

Lokführer und Bahnbeamte sind im Gegensatz zur GdED in Warnstreiks getreten, um ihre Forderungen nach einer generellen Anerkennung der Dienstzeit bei der Zusammenführung der beiden deutschen Bahnen zu unterstützen. Nahezu alle Räder der Deutschen Reichsbahn standen am Freitag in der Region Halle zwischen 6 und 8 Uhr still. Tausende Reisende kamen zu spät zur Arbeit oder konnten ihre Urlaubstour erst verspätet antreten. Die Auswirkungen waren noch den ganzen Freitag über zu spüren. „Wenn Eisenbahner, die ihr Leben lang gearbeitet haben, weiterhin als blutige Anfänger betrachtet werden sollen, werden wir über weitere Warnstreiks beraten“, sagte Lothar Resch. Die Gewerkschaft sei sich bewußt, daß die Streiks für die Reisenden eine „mächtige Belastung“ sind. Man habe deshalb auf den Bahnhöfen über Lautsprecher um Verständnis gebeten. Zwar seien die Meinungen bei den Reisenden geteilt gewesen, doch habe es in Halle überwiegend Sympathien für die Kampfmaßnahmen gegeben. taz/adn/ap