Bonn apart

■ Fisch, ganz substantiell * Riesenhuber läßt das Glücksgefühl in der Hand zappeln

Das Thema paßte zum Wetter: Gewässerökologie. Die zu seinem Markenzeichen gewordene Fliege paßte nicht zum Wetter, aber ohne diese macht es Forschungsminister Heinz Riesenhuber eben nicht — mag es im Freien auch dreißig Grad haben und selbst die sonst in stumpfe Farben gekleideten Pressevertreter in T-Shirts erschienen sein.

Doch, ganz unberührt läßt die Hitze auch einen Minister nicht, auch wenn er gewandt parliert über algenfressende Kleinkrebse und Raubfische, die die kleinen Fische fressen, welche ihrerseits schon die algenfressenden Kleinkrebse vertilgt haben.

Ist es die Wärme, die eine im Bonner Schattenboxen gestählte Körperpanzerung dahinschmelzen und mit launig-versonnenen Monologen vom Alltagstrott abheben läßt? „Ich denke immer noch gerne an die Zeit, wo ich in kleinen Flüssen die Krebse und Forellen gefangen habe“, vertraut Riesenhuber seinen Zuhörern an. „Die Möglichkeiten, dort Krebse zu fangen sind zurückgegangen“, trauert der 55jährige alten Zeiten nach. In Gestik und Mimik bricht über der gestrengen Fliege wieder der Lausbub von früher durch. „Die Sitte, durch blitzschnelles Zugreifen — langsam kommen Sie von hinten an die Forelle ran und dann fassen Sie sie knapp hinter dem Nacken“ (seine Finger krallen in die Luft), „diese Sitte ist leider auch etwas zurückgegangen. Und ich muß schon sagen, das ist ein Bestandteil von Lebensqualität, der schwer quantifizierbar ist, aber zur Lebensfreude nachhaltig und über mehrere Dekaden eines Menschenlebens beitragen kann“, enthüllt der gelernte Chemiker. „Ich würde mich freuen, wenn unsere Kinder dieses sehr spontane und ursprüngliche Glücksgefühl, eine Forelle in der Hand zappeln zu haben, öfter erfahren könnten“. Dafür werde er sorgen, das Wasser im Main ist schon viel besser geworden und während in den Siebzigern die Fische mit silbernen Bäuchen vorbeitrieben — „trauriger Anblick“ — veranstalte eine Anglergruppe aus Rödelheim nun wieder ein Wettangeln.

Man habe ihm berichtet, es „seien hier Fische und zwar substantielle Fische“, klärte der Minister auf. Und hinter dem Minister blitzte die Sonne durchs Fenster und das ganz andere Leben auch, und mancher Journalist seufzte innerlich tief auf.

Nur was ein substantieller Fisch ist, das wagte keiner zu fragen. Gerd Nowakowski