CROSS-SCHLAG
: No big news

■ Boris Becker ist wieder Nummer eins

Es ist einfacher, gegen einen Gegner zu spielen, den man haßt“, findet Boris Becker. Da kam Halbfinalgegner David Wheaton genau richtig. Der wilde Aufschläger aus den USA ist für seine Unsportlichkeit bekannt. Beim Grand Slam- Cup in München brachte er gar seinen als äußerst friedfertig bekannten Landsmann Brad Gilbert derart in Rage, daß nur der Oberschiedsrichter Gilbert von der Züchtigung des Rüpels abhalten konnten. Im Halbfinale von Wimbledon versuchte es Wheaton bei Becker. Nicht genug damit, daß der unheilbare Nationalist aus Verbundenheit mit den US-Soldaten überall sein Stars-and-Stripes-Stirnband trägt, störte er durch wildes Rumhampeln Beckers Aufschlagvorbereitung. Der setzte dreimal an, schlug schließlich voller Wut zu und servierte ein As. Mit ausgestrecktem Zeigefinger drohte er Wheaton, es ja nicht noch einmal zu versuchen. Wheaton versuchte es nicht noch einmal. Becker gewann und wurde zeitgleich mit dieser Genugtuung Nummer eins der Welt.

Kurz zuvor nämlich hatte Michael Stich dank seines gewaltigen Aufschlags den Titelverteidiger und bisherigen Weltranglisten-Ersten Stefan Edberg überraschend aus dem Turnier geworfen. Drei Tie-breaks konnte der Shooting-Star aus Elmshorn für sich entscheiden, skurrilerweise ausgerechnet an dem Tag, nach dem der Erfinder des Tie-breaks, James van Alen, im Alter von 88 Jahren sanft entschlummert war. Stefan Edberg: „Was soll ich dazu sagen?“

Bei der Pressekonferenz der Nummer eins war die Nummer eins kaum ein Thema. Zwei Deutsche im Finale, lautete der Hit des Tages. Nach seiner Meinung dazu befragt, sagte der Welt bester Becker: „Ich wußte, daß diese Frage kommen würde, und ich überlege schon eine halbe Stunde, was ich sagen soll. Ich hoffe, er ist nervös.“

Michael Stich überlegte nicht lange. „Das ist das Schönste, was passieren konnte. Ich kann gegen ihn auf Rasen gewinnen. Und wenn ich schon verlieren sollte, dann lieber gegen Boris“, freute er sich. „Wir haben uns gegenseitig Glück gewünscht vor dem Spiel“, schilderte Becker die Beziehung der beiden Trainingspartner. Michael habe ihn sehr angefeuert: „Los Boris, spiel! Jetzt machen wir ein deutsches Finale.“

Das geringe Trara um die Nummer eins erstaunte Medienexperte Becker wenig. „Das war ich ja schon einmal. Damals in Australien war das der Hit. Nun ist das Finale der Hit, weil es das noch nie gab.“ Dagegen sei die Nummer eins: „no big news anymore.“ miß