MITCLAUSVINCON

EIN»SCHWUSICAL«IMZELTDESBKA  ■  »MÄNNER IM PARK«

Die Integration der Schwulen — so scheint's — schreitet unwiderruflich voran, selbst der Freiluft-Sex kann mittlerweile als Bühnenthema herhalten. Mit gewissen Einschränkungen allerdings: »In öffentlichen Parkanlagen ist kein Platz für private Veranlagungen!«, empört sich noch Claus Vincon alias Grünflächen- Beamter Troessner derzeit im Zelt des BKA. Immer wieder würden frisch bepflanzte Blumenbeete plattgewalzt, schmuddelige Tempotücher zwischen die Büsche gestreut und die hellen Parklaternen frech mit Kreppapier umhüllt. Als sich darüberhinaus tausende Briefe über die Beleuchtung mokieren, unternimmt der Beamte — von einem Kollegen und Walkie-Talkies verstärkt — eine wutschnaubende Expedition in das nächtliche Cruisingareal der Schwulen.

Etwas mühsam und ausgerechnet mit dem Uralt-Klischee des verklemmten Bürokraten versucht Claus Vincon, in einem One-Man-Musical den homosexuellen Parkalltag aufs Korn zu nehmen. Nicht minder abgedroschen seine weiteren Rollen: Zum einen spielt er den schwulen Freizeitfreund Kreppe, der allnächtlich Bier und Präser aus einem Einkaufsroller verkauft. Zum anderen Troessners Kollegen Berghoff, der sich allein für Stummelschwanz-Kaninchen interessiert und damit mehr oder weniger komische Verwechslungen auslöst.

Vincons gelungenste Figur bleibt damit Troessner, wenn er — gekonnt pantomimisch verzerrt — völlig naiv, verklemmt und ungeschickt im Park umhertapst. Zwischen »Jeff-Stryker-Eiche« und »Tuntengrund« stößt der eifrige Staatsdiener auch auf Kreppe, der sich — wie sollte es anders sein — an das »rabenschwarz- bebrillte Männlein« heranmacht. Und überraschend findet der Beamte an der Männerliebe Gefallen, feiert sein Coming Out, schwört Kreppe die ewige Liebe und verspricht zuguterletzt, bei der Parkgestaltung nie wieder die schwulen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren — welch happy end!

Claus Vincons Bemühen, darüberhinaus von Aids bis Skins alles in seinem Stück unterzubringen, was die Parkbesucher auch in Wirklichkeit betrifft, war gut gemeint, doch wirken die Szenen nur mühsam zusammengeflickt. Vincons roter Faden ist nämlich die Erklärung. Sein Stück lebt weder von steter satirischer Überspitzung noch von treffender Ironie, nur selten geraten die platten Pointen über den Humor von Otto Waalkes hinaus. Ein Quentchen Biß verschafft dem Stück allein Terry Truck, der die schunkelige Musik komponiert und übertrieben dramatisch arrangiert hat. Doch Claus Vincons eintöniger Sprechgesang geht darin unter.

Was nun als »Schwusical« gedacht war, gleitet in Berlin zu einem etwas drögen Vortrag, zu einem Aufklärungsreigen für neugierige Heteros hinab; in keiner anderen deutschen Stadt gilt doch das anonyme Open Air-Vergnügen in der Szene so unumstritten akzeptiert. Doch Vorsicht: Auch parkungewohnte ZuschauerInnen sind wohl beraten, bei Claus Vincon nicht allzusehr nach großen Sensationen zu gieren. In einer One-Man-Show bleiben homosexuelle Szenen schließlich von vornherein auf Selbstbefriedigung beschränkt. Micha Schulze

BIS21.7.DI-SOUM20.30UHRIMBKA-ZELT