Kolonialwaren-Sightseeing-Tour

■ Immer mittwochs: Hintergründige Hafenrundfahrt

Bremen — Schlüssel zur „Dritten Welt“: unter diesem Motto startete die Hafengruppe des „Dritte- Welt“-Hauses ihre alternativen Hafenrundfahrten. Hier geht es nicht um die üblichen Dönekes, sondern um die Rolle Bremer Firmen im Welthandel und deren fragliche Machenschaften. Und die passieren nicht irgendwo, sondern vor der eigenen Haustür: Um das anschaulich zu machen, hat die Gruppe „Das Schiff“ gechartert. Vorerst bis Oktober wird es jeden ersten Mittwoch im Monat ablegen. Die Premiere in der letzten Woche gestaltete sich jedoch schwieriger als erwartet: Die Kajen des Bremer Überseehafens waren so gut wie leer.

Schwerpunkt dieser ersten alternativen Hafenrundfahrt war die Bremer Lagerhausgesellschaft (BLG). Zu bestaunen seien „die Blüten der Verflechtung von Politik und Wirtschaft“: der Bremer Senat ist mit über 50 Prozent an der BLG beteiligt. Von hier werden Entscheidungen getroffen, deren Auswirkungen weit über die Kajenkante hinausgehen. Ein Beispiel dafür: die Ausweitung des Container-Terminals in Bremerhaven. Mit der Umstellung auf die Blechbehälter in den Industrienationen (und Bremen und Rotterdam waren da europäische Vorreiter) seien Entwicklungsländer, die sich dem Welthandel anpassen wollten, gezwungen, dasselbe zu tun — verbunden mit immensen Kosten.

Ein weiteres Thema, so nah und doch so fern: Die Waffenexporte zur Zeit des Golfkriegs. Die BLG besitzt das Umschlagsmonopol in den Häfen Bremen und Bremerhaven. Und Bremerhaven sei „der wichtigste Umschlagsplatz der US-Army während des Golfkriegs“ gewesen, so ist auf dem Schiff zu erfahren. Um einen der Tatorte in Bremen gleich aufzusuchen: „Hier, in den Schuppen 22 und 24 des Neustädter Hafens, lagerten Militär-Transporter, die von hier aus in den Golf verschifft wurden.“ Nach eigener Recherche habe es weiterhin eine Lieferung angeblicher Krankenfahrzeuge in den Irak gegeben, versehen mit dem Roten Halbmond, dem islamischen Zeichen des Roten Kreuzes. Diese seien „auf den ersten Blick als Krankenfahrzeuge unbrauchbar“ gewesen und im Irak als chemische Labore verwendet worden. Der Ort, an dem der Rüstungsumschlag organisiert wird: Das große weiße Verwaltungsgebäude am Ende des Europahafens.

Susanne Kaiser

Jeden ersten Mittwoch im Monat ist um 17 Uhr am Matrinianleger Abfahrt zur alternativen Hafenrundfahrt. Das Thema im August: Kaffee, Kakao und andere „Kolonialwaren“.