Ausländer dürfen doch nicht wählen

■ Staatsgerichtshof gibt CDU-Fraktion Recht: Beirätewahl muß ohne AusländerInnen stattfinden

Bremens Verfassungswächter vor dem UrteilsspruchFoto: Jörg Oberheide

Noch bevor es ein einziges Mal in der Praxis ausgeübt werden konnte, ist das kleine Bremer Ausländerwahlrecht schon wieder vom Tisch: Gestern folgte der Staatsgerichtshof mit einer Mehrheit von 5:2 Stimmen dem Antrag der CDU-Fraktion und strich den entsprechenden Paragraphen aus dem neuen Beirätegesetz. Wenn am 29. September neben der Bürgerschaft nun auch erstmals über die Zusammensetzung 22 Stadtteil-Beiräte per Direktwahl entschieden wird, dann werden 16.000 BremerInnen fremder

Paßfarben, die über vier Jahre inder Stadt leben, doch nicht wie geplant mitstimmen dürfen. Selbst das passive Wahlrecht, nach dem AusländerInnen bereits seit 1987 auf Vorschlag deutscher Parteien einen Sitz im Beirat bekommen konnten, ist mit der gestrigen Entscheidung wieder abgeschafft (vgl. auch Seite 6).

In seiner Urteilsbegründung beruft sich der Bremer Staatsgerichtshof vor allem auf das Karlsruher Verfassungsgericht, das am 31.10.90 das kommunale Ausländerwahlrecht in Hamburg und

Schleswig-Holstein für verfassungswidrig erklärt hatte. Zwar erkannten die Bremer Verfassungsrichter an, daß die Beiräte gegenüber den dortigen, echten Kommunalparlamenten deutlich weniger Recht haben, trotzdem hätten sie „ein zu großes Gewicht, als daß unter dem Blickpunkt eines 'Bagatellvorbehalts' von der demokratischen Legitimation der Beiräte abgesehen werden dürfte“. Und demokratische Legitimation sei eben nur ohne die Beteiligung von AusländerInnen möglich, da die Staatsgewalt nur vom „deutschen Staatsvolk“ ausgehen dürfe.

Senat, SPD, FDP und Grüne hatten dagegen argumentiert, daß die Entscheidungsbefugnisse der Bremer Beiräte weit unterhalb der Ebene „staatlicher Gewalt“ lägen, da fast alle Beschlüsse vom Senat oder der Stadtbürgerschaft wieder aufgehoben werden könnten. Der Staatsgerichtshof berief sich jedoch auf den erklärten Willen von Bürgerschaft und Senat, mit der Direktwahl der Beiräte auch deren Kompetenzen „beträchtlich auszuweiten“. Daran ändere auch nichts, daß jeder Beirat zur Zeit tatsächlich nur knapp 100.000 Mark jährlich zur eigenständigen Verfügung hat.

Mit dem aktiven strich der Staatsgerichtshof gestern automatisch auch das bisher geltende passive Wahlrecht für AusländerInnen, denn beides ist im neuen Beirätegesetz unmittelar miteinander verbunden. Trotzdem müssen die Parteien ihre bereits aufgestellten Kandidatenlisten, die zumindest bei SPD, FDP und Grünen auch AusländerInnen enthalten, nicht noch einmal wählen. „Wir werden lediglich eine Bescheinigung verlangen, daß AusländerInnen an der Listenaufstellung nicht wesentlich beteiligt waren“, kündigte der Vorsitzende des Wahlbereichsausschusses, Volker Hannemann, gestern an.

Am Ende seines 31seitigen Urteils stellt der Staatsgerichtshof fest, daß er die Bürgerschaft nicht zwingen wolle, „in Zukunft auf ein Ausländerwahlrecht zu verzichten“. Würde es gewünscht, setze das allerdings voraus, „daß die Befugnisse der Beiräte unter die Schwelle der Ausübung von Staatsgewalt herabgesetzt werden“. Oder im Klartext: Nur Beiräte, die überhaupt nichts zu entscheiden haben, dürfen auch von AusländerInnen mitgewählt werden.

Dirk Asendorpf