HMI-Reaktor darf weiter spalten

■ Oberverwaltungsgericht weist Klage eines Anwohners um Aussetzung der Betriebsgenehmigung zurück/ Umstrittener Reaktor kann weiterlaufen/ Gericht erkannte keine »überzeugenden Bedenken« des Antragstellers/ Kläger Antelmann enttäuscht

Berlin. Grünes Licht für den HMI- Versuchsreaktor. Das entschied gestern der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin. Damit kann der 170 Millionen Mark teure und unter dem ehemaligen rot-grünen Senat heftigst umstrittene Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts (HMI) im Süden Berlins weiter betrieben werden.

Das OVG wies damit die Klage des Reaktoranwohners Dietrich Antelmann gegen die dritte und letzte Teilgenehmigung zurück. Die Richter folgerten, daß die Bedenken Antelmanns gegen das atomrechtliche Genehmigungsverfahren und die Gefahrenvorsorge nicht überzeugend gewesen seien. Durch die im März dieses Jahres erfolgte Genehmigung des HMI-Reaktors sei Antelmann nicht in seinen Rechten verletzt worden.

Die Richter erklärten, die von Antelmann kritisierte Einrichtung der Experimentieranlage »Schnelle Rohrpost« sei nicht zu beanstanden. Antelmann habe die »konkreten Sicherheitsbedenken« gegen den Betrieb der Schnellen Rohrpost nicht »substantiiert« darlegen können. Antelmann hatte seine Klage unter anderem damit begründet, daß bei einem Störfall durch die Rohre der Schnellen Rohrpost Kühlwasser aus dem Reaktorbecken entweichen könne. Bei dieser Versuchsanlage werden Neutronen aus dem Reaktorkern durch Rohre auf ausgesuchte Testobjekte geleitet.

Auch in allen anderen Punkten entschied das Gericht zugunsten der Reaktorbetreiber. Das bisher noch nicht installierte Reaktorfernüberwachungssystem sei nicht entscheidend für die Reaktorsicherheit, sondern lediglich ein »zusätzliches Instrument« der behördlichen Aufsicht.

Auch an der fehlenden Schutzhülle des Reaktors mochten sich die Richter nicht stören. Zwar erkannten auch sie einen deutlich angestiegenen Luftverkehr an, doch eine direkte Gefährdung des Reaktors wollten sie daraus nicht ableiten. Auch eine mangelhafte Sicherung gegen terroristische Angriffe konnte das Gericht nicht erkennen. Ebenfalls zurückgewiesen wurde Antelmanns Klage gegen die Entsorgung des jährlich anfallenden 10 Kilogramm schweren radioaktiven Abfalls. Der Kläger, so das Gericht, habe eine eigene Gefährdung an seinem Wohnort durch radioaktive Abfälle nicht geltend machen können, da eine Verbringung und Zwischenlagerung gesichert sei. Zwar räumte das Gericht ein, daß das HMI rechtswidrig handeln würde, wenn es die Behälter mit den Brennelementen länger als »vorübergehend« lagern würde. Welcher Zeitraum darunter zu verstehen ist, ließen die Richter allerdings offen. Das HMI plant seit längerem, die verbrauchten Brennstäbe nach einer Zwischenlagerung in Schottland endlagern zu lassen. Nach der Urteilsverkündung war Antelmann sichtlich enttäuscht: »Das Gericht hätte mutiger entscheiden können, so hat es mit der politischen Entwicklung nicht Schritt gehalten.« Franz- Josef Kuhnert, Rechtsreferatsleiter in der Umweltverwaltung, zeigte sich zufrieden: »Über gewonnene Prozesse freut man sich immer.« Severin Weiland