Eirenes Po in neuem Kupfer

■ Restaurierungsarbeiten an der Quadriga abgeschlossen/ Kosten von Mannesmann übernommen/ Nächste Woche Montage aufs Brandenburger Tor

Berlin. 15 lange Monate lag die Friedensgöttin Eirene, alias Nike, alias Victoria, ohne Lorbeerkranz und Schädeldecke und beraubt ihres Wagens auf der Nase. Ihre vier staatlichen Rösser hingen beinlos oder mit aufgeschlitzten Bäuchen an dicken Seilen in der Restaurierungswerkstatt des Berliner Museums für Verkehr und Technik. Zehntausende von Besuchern verfolgten die Restaurierungsarbeiten hinter einer Glasscheibe, konnten das langsame Wiedererstehen der Quadriga Schritt für Schritt beobachten. Jetzt sind alle Rekonstruktions- und Restaurierungsarbeiten an dem deutschen Symbol für Sieg, Niederlage, Frieden, Zerrissenheit und Einheit abgeschlossen. Gestern stellte der Museumsdirektor Günter Guttmann sie den geladenen Gästen vor.

Für den Rest der Woche ist das 1793 von Johann Gottfried Schadow entworfene, aus Kupfer getriebene Kunstwerk noch aus nächster Nähe auf der Drehscheibe des alten Anhalter Güterbahnhofes hinter dem Museum zu besichtigen. Am Montag beginnt in Etappen der zwei- bis dreitätige Transport gen Brandenburger Tor. Ein Tieflader wird nicht reichen, denn leicht und klein ist das Gespann wahrlich nicht. Allein der Daumen der Göttin wiegt zweieinhalb Kilo, die ganze viereinhalb Meter große Dame wiegt 1.000 Kilo, ihre Pferde einschließlich Wagen noch einmal 4.000. Um die Montage auf dem Tor zu vereinfachen, werden Fundamentteile auf dem Brandenburger Tor einbetoniert. Die einzelnen Figuren werden mit einem riesigen Kran aufgesetzt und direkt auf dem Tor verschraubt. Spätestens am 18. Juli wird Victoria, die nach Guttmanns Wunsch nur noch »Friedensgöttin Eirene« heißen soll, mitsamt Gespann wieder auf dem Brandenburger Tor stehen und gen Osten blicken. Am 6. August kann das Brandenburger Tor dann seinen 200. Geburtstag feiern.

Wie Guttmann berichtete, waren nicht so sehr die Beschädigungen der Sylvesternacht 1989/90, sondern vor allem Konstruktionsfehler der 50er Jahre die Ursache für die langen Arbeiten. Denn schon einmal wurde die Quadriga rekonstruiert, nämlich zwischen 1956 und 1958 von der Bildgießerei Noak nach in West-Berlin vorhandenen Gipsformen aus dem Jahre 1942. Die damals verwendeten Materialien verrosteten im Laufe der Jahre gründlich, die Stützkonstruktionen hielten neuen statischen Belastungsproben nicht stand. Zum zweiten Mal in der Geschichte der Quadriga mußten sie völlig neu hergestellt werden. Ebenfalls zum zweiten Mal neu gefertigt ist auch der Lorbeerkranz der Göttin. Souvenirjäger hatten ihn in der Sylvesternacht mitgehen lassen, ein einziges Blatt schickte ein reuiger Sammler dem Museum zurück. Nach diesem Muster prägten Auszubildende der Firma Mannesmann, die auch die Kosten der Restaurierung von 300.000 Mark getragen hat, der Göttin einen neuen Kopfschmuck.

Zum Teil neu ist die Kupferhaut der Figuren, denn Wetter und Abgase hatten tiefe Rostlöcher hinterlassen. Auf Busen und Po von Dame und Pferden hatten Fans ihre Namen eingraviert. Damit die Quadriga nicht für Jahrzehnte gescheckt bleibt, trugen Restaurateure eine künstliche Patina auf. Allein die richtige Substanz zu finden, dauerte Monate. Christiane Bergmann hatte recht, als sie Heinrich Heine zitierte, der 1822 die Göttin mit den Worten beschrieb. »Die gute Frau hat auch ihre Schicksale gehabt. Man sieht ihr nichts an, der mutigen Wagenlenkerin.« aku