Tag der Turbulenzen

■ Greg Lemond landete seinen ersten Coup bei der 78. Tour de France, Stephen Roche wurde disqualifiziert

Lyon (dpa/taz) — Selten ging es am Anfang der Tour de France so turbulent zu wie in diesem Jahr. Zuerst gelang ausgerechnet dem absoluten Topfavoriten, dem Amerikaner Greg LeMond, das Kunststück, auf der ersten Etappe den meisten seiner Kontrahenten eine Minute und 44 Sekunden abzunehmen, und dann erwischte es bei der zweiten Etappe, dem Mannschaftszeitfahren, gleich den Sieger von 1987, Stephen Roche.

Ein dringendes Bedürfnis hatte den Iren den Start um sieben Minuten verpassen lassen. Als Roche fahrbereit war, strampelte sein belgisches Team „Tonton Tapis“ schon ohne ihn. Bei der aussichtslosen Aufholjagd allein gegen den Wind und das Reglement kamen noch einmal 3:54 Minuten dazu. Unter dem Strich bedeutete das das „Aus“ für den 31jährigen Iren, der die Radsportwelt 1987 außer Atem gebracht hatte, als er hintereinander den Giro d‘Italia, die Tour und die Weltmeisterschaft gewann und damit in Eddy Merckx- Dimensionen vorgestoßen war.

„Monsieur Roche ist wegen 20prozentiger Zeitüberschreitung disqualifiziert“, erklärte der Italiener Paolo Ramazza, der Präsident der Tour-Jury. Jean-Marie Leblanc, Direktor der bedeutendsten Etappenfahrt der Welt, verstand die Welt nicht mehr: „Bei jeder Tour-Etappe befinden sich Toiletten in unmittelbarer Nähe des Starts. Roche müßte wohl wissen, wann und wohin er geht.“ Mit dem Zeitgefühl haperte es an diesem Nachmittag offensichtlich bei Roche: „Ich bin immer davon ausgegangen, daß wir zwölf Minuten später starten.“ Auch ein verzweifelter letzter Hilferuf seines Mannschaftskameraden Jean-Claude Colotti durchs Mikrofon blieb ungehört und half Roche nicht mehr rechtzeitig in den Sattel.

Bös endete das Zeitfahren auch für den Schussenrieder Rolf Gölz. Zwar gewann sein Ariostea-Team die Etappe, doch bei einem Sturz von vier Fahrern kurz vor dem Ziel zog sich Gölz Schürfwunden an der rechten Handfläche und am linken Bein zu. Dennoch will er weitermachen. „Ich kann den Lenker nur noch in bestimmten Positionen halten, aber es wird schon gehen.“

Gesamtklassement nach der 2. Etappe: 1. Rolf Sörensen (Dänemark) 3:16,56 Std.; 2. Greg LeMond (USA) 10 Sek. zurück; 3. Eric Breukink (Niederlande) 12, 4. Sean Kelly (Irland) 26; 5. Rudy Dhaenens (Belgien) 33; 6. Bruno Cornillet (Frankreich) 50 7: Djamolidine Abduschaparrow (UdSSR) 53; 8. Raul Alcala (Mexiko) 1:02 Min.; 9. Michel Vermote (Belgien) 1:12; 10. Rolf Jaermann (Schweiz) 1:18; ... 12. Rolf Gölz (Bad Schussenried) 1:27; 27. Olaf Ludwig (Gera) 2:05 30. Uwe Raab (Wittenberg) 2:10; 40. Falk Boden (Frankfurt/Oder) 2:19; 59. Jan Schur (Leipzig) 2:35; 113. Uwe Ampler (Leipzig) 3:13; 114. Remig Stumpf (Dittelbrunn) 3:13; 122. Andreas Kappes (Bremen) 3:25; 127. Dominik Krieger (Karlsruhe) 3:30; 197. Thomas Barth (Gera) 22:18