Eine Million Juden nach Jerusalem

■ Die israelische Regierung plant „Groß-Jerusalem“ mit Außensiedlungen in der besetzten Westbank/ Häuser in den Satellitenstädten kosten nur einen Bruchteil der Wohnungen im Kernland

Tel Aviv (taz) — Eine Million Juden will die israelische Regierung im Raum „Groß-Jerusalem“ ansiedeln, das erklärte am Sonntag Wohnungsbauminister Ariel Scharon während einer Kundgebung aus Anlaß des 15jährigen Bestehens der jüdischen Siedlung Maaleh Adumin in der israelisch besetzten Westbank. „Der Frieden wird kommen, nachdem wir alle Berge und Hügel der Umgebung mit neuen Siedlungen bebaut haben und überall in der Umgebung der Hauptstadt Jerusalem jüdische Familien leben werden“, erklärte Scharon. Israel habe nicht vor, „Judäa, Samaria [die Westbank, Anm. d. Red.] und den Gazastreifen zu verlassen“, sagte der Minister unter Beifall.

Zur gleichen Zeit fand in der Siedlung eine Art Wohnungsmesse für Neubauten in den besetzten Gebieten statt. Baufirmen boten große Wohnungen und cottageartige Villen im Preis zwischen 100.000 und 130.000 Dollar an. Die gleichen Wohnungen würden in der Nähe von Tel Aviv das Vierfache kosten. Viele Israelis ziehen daher nach Maaleh Adumin, weil sie dort leichter und billiger an eine Wohnung kommen.

Die Zahl der Bewohner von Maaleh Adumin, die derzeit etwa 15.000 beträgt, soll vor Mitte der neunziger Jahre verdoppelt werden. In den letzten Wochen wurde das Land zwischen der Siedlung und der erweiterten östlichen Stadtgrenze Jerusalems zu Maaleh Adumin angegliedert. Dadurch wurde die Siedlung direkt an Jerusalem angeschlossen.

Der Bürgermeister der Siedlung, Ben Greenberger, erklärte am vergangenen Sonntag auf der Veranstaltung: „Wenn Jerusalem sich nicht bis Maaleh Adumin ausbreiten kann, werden wir uns bis Jerusalem ausbreiten.“ Zuvor hatte der Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek den Vorschlag abgelehnt, die Siedlung Jerusalem als Stadtteil anzuschließen.

Wohnungsbauminister Scharon sprach sich am Sonntag für eine rasche Weiterentwicklung der Siedlung aus strategischen Gründen aus, denn die sich auf Hügeln ausbreitende Kette von Gebäuden sei „von großer Wichtigkeit für die Staatssicherheit“. Sowohl Maaleh Adumin als auch der Siedlungsblock Ezion, Richtung Hebron, sind Teil eines Regierungsplans zur Bildung eines Raums „Groß-Jerusalem“.

Der Plan sieht die Bildung eines zweiten Siedlungsgürtels um die Stadt vor, der die schon bestehenden Vorstädte Jerusalems umringt. Unter dem Jubel der Anwesenden erklärte Scharon dazu: „Noch zu unseren Lebzeiten werden wir in Jerusalem, der Hauptstadt Israels, eine Million jüdische Einwohner haben.“ Gegenwärtig leben in Jerusalem etwas mehr als 350.000 Juden. Amos Wollin

Schamirs kalte Schulter

Jerusalem (dpa) — Israels Ministerpräsident Jizchak Schamir hat seine Ablehnung einer internationalen Nahost-Konferenz bekräftigt. Dem neuen Nahost-Beauftragten der Vereinten Nationen, dem Schweizer Edouard Brunner, sagte er am Montag in Jerusalem, Israel glaube nicht, daß eine solche Konferenz geeignet wäre, Frieden in der Region zu erreichen. Schamir, der auch gegen eine Beteiligung der UNO an einer Regionalkonferenz ist, wie sie die USA anstreben, warf den arabischen Ländern zugleich vor, nicht zur Anerkennung des jüdischen Staates bereit zu sein „oder das Wort Frieden auszusprechen“.

Brunner will nach einem Gespräch mit Israels Verteidigungsminister Mosche Arens an diesem Dienstag nach Jordanien und Syrien weiterreisen. Im Auftrag von UNO- Generalsekretär Javier Perez de Cuellar versucht er bei seiner Rundreise durch den Nahen Osten, die Chancen für eine Friedenslösung auszuloten.