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Die SPD springt Blüm zur Seite

■ Eigener Gesetzentwurf zur Pflegeversicherung vorgelegt/ Blüm: Bloß keine parteipolitische Rechthaberei/ Problem Lambsdorff: Nicht finanzierbar

Bonn (dpa) — Die SPD hat ihren eigenen Gesetzentwurf für eine solidarische Pflegeversicherung vorgelegt. Dazu bot der SPD-Vorsitzende Björn Engholm Bundesarbeitsminister Norbert Blüm am Montag vor Journalisten in Bonn Zusammenarbeit an, da dieser von denselben Grundideen für die Schließung „der letzten großen Lücke im System der sozialen Sicherheit“ ausgehe.

„Wir bieten Blüm ein stabiles Stimmenpaket“ in Bundestag und Bundesrat an, erklärte Engholm. Es sei jetzt die Frage, ob Blüm den Mut habe, sich dieses Stimmenpakets zu bedienen. Wenn nur auf die Sache bezogen mit gutem Willen entschieden werde, könne ein Gesetz in einem Jahr fertig sein.

Blüm kommentierte die Vorlage des SPD-Entwurfs in einer ersten Stellungnahme als Richtungsentscheidung gegen eine private Pflegeversicherung. In dieser drängenden Frage könne es nicht um parteipolitische Rechthaberei gehen. Eine Entscheidung müsse in dieser Legislaturperiode fallen.

Der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff kritisierte in einer anderen Pressekonferenz eine Pflegesozialversicherung erneut als nicht finanzierbar. Er warf Blüm noch einmal vor, bisher nicht versucht zu haben, mit dem Koalitionspartner FDP eine Lösung zu finden. „So lassen wir nicht mit uns umgehen.“ Die FDP bestehe auf der Einhaltung der Koalitionsabmachungen.

Der SPD-Entwurf soll nach der Sommerpause in Bundestag und Bundesrat eingebracht werden. Bis dahin will die SPD mit einer Informationskampagne in der Bevölkerung für ihr Modell werben.

Wie Blüms Modell setzt die SPD auf verstärkte Hilfen bei häuslicher Pflege. Pflegebedürftige in Heimen sollen nicht wie bisher zu 75 Prozent der Sozialhilfe anheim fallen. Anders als Blüm wollen die Sozialdemokraten auch Beamte, Freiberufler und Selbständige in die Versicherung einbeziehen und Beiträge bis zur Höhe der Bemessungsgrenze für die Rentenversicherung (derzeit 6.500) erheben. Der von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur Hälfte zu tragende Beitragssatz betrüge 1,4 Prozent. Blüm geht von zwei Prozent Beitragssatz bis zur Bemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung (derzeit 4.875 Mark monatlich) aus.

NRW-Sozialminister Heinemann warf der FDP und Teilen der CDU vor, sie wollten mit ihrem Modell einer Versicherung nach dem Kapitaldeckungsverfahren „nur junge Menschen versichern und alle anderen ausgrenzen“.

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