Hundstage im anhaltinischen Landtag

Bisher 31 Gesetze beschlossen/ In einem Jahr zwei Ministerpräsidenten in Sachsen-Anhalt  ■ Von Gudrun Oelze

Magdeburg. Das Parlament von Sachsen-Anhalt hält morgen seine zwanzigste Sitzung ab, und dann geht der Landtag in die Sommerpause. Noch am 28. Oktober 1990 war zur konstituierenden Sitzung die Hauptstadtfrage von Sachsen-Anhalt noch völlig offen. In einer Dessauer Kaserne, sozusagen auf „neutralem Boden“, wurde als eine der ersten parlamentarischen Entscheidungen dem Streit zwischen Magdeburg und Halle ein Ende bereitet. Überhaupt dürfte Sachsen-Anhalts Parlament die Geschichte von Landtagen der Bundesrepublik um einige Rekorde bereichern: im ersten Jahr seines Bestehens gleich zwei Ministerpräsidenten zu wählen — nicht schlecht. Nach acht Monaten hatte den ostdeutschen CDU-Politiker Gerd Gies die Vergangenheit schon eingeholt. Er mußte in den ersten Julitagen seinen Hut nehmen. Innerhalb weniger Stunden wurde Werner Münch (CDU) aus Niedersachsen, Finanzminister im Kabinett Gies, zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Das parlamentarische Verfahren basierte auf der vorläufigen Ordnung der Regierungsgewalt im Land Sachsen-Anhalt, die die Abgeordneten als eines ihrer ersten Gesetze beschlossen. Auch bei den folgenden Rechtsvorschriften waren die Parlamentarier erst mal mit sich selbst beschäftigt: sie gaben sich ein Abgeordneten- und ein Ministergesetz, befanden über die Wappen, Flaggen und Siegel des Landes.

Im Februar, dann schon im fertiggestellten Magdeburger Parlamentsgebäude, kam mit der ersten Lesung des Haushaltsentwurfes, Teil 1, ein Gesetz von allgemeinem Interesse auf die Tagesordnung. Der jetzige Regierungschef Münch hatte als damaliger Finanzminister, abweichend von seinen Amtskollegen in den anderen neuen Ländern, das erklärte Ziel des Kabinetts begründet, die sogenannten Verpflichtungen des Landes ohne Kredite festzuschreiben. Erst im Nachtragshaushalt wurden für „politische Programme“ Verschuldungen bewilligt.

Im Spätherbst 1990 hatte die Regierung einen 50 Punkte umfassenden „Plan der dringendsten Gesetzesvorhaben“ vorgelegt. Die Entwürfe stammten zum großen Teil aus den Reihen der Landesregierung. Von den 31 Gesetzen in Sachsen-Anhalt beschäftigten sich drei mit den Medien — der Staatsvertrag zum Mitteldeutschen Rundfunk, eines für den privaten Rundfunk sowie das Pressegesetz. Als einziges Land in der ganzen Bundesrepublik hat Sachsen-Anhalt im Kindertagesstättengesetz einen Rechtsanspruch für jedes Kind auf einen Krippen-, Kindergarten- oder Hortplatz festgeschrieben. Das Kultusministerium stand mit seinem Schulgesetz, dem Hochschulerneuerungs- und dem -zulassungsgesetz im Blickpunkt der Öffentlichkeit. adn