QUERSPALTE
: Freie Bahn dem Tüchtigen

■ Möllemann, der tapfere Ritter gegen die Subventionitis

Jürgen W. Möllemann hatte sich für den Landtagswahlkampf 1985 einen ganz besonderen Slogan für die FDP einfallen lassen: Freie Bahn dem Tüchtigen! Seit der Lehrer aus Münster zum Bundeswirtschaftsminister aufgesteigen ist, blätterte er offensichtlich erneut in den Schriften des frühesten Marktwirtschaftlers Adam Smith und lernte: Der Mensch arbeitet am besten aus purem Eigennutz, und wenn man ihn nur diesem Motiv folgen läßt, dann nützt es allen. Wie die 9,75 Milliarden Mark Subventionskürzungen fürs nächste Jahr. Seien wir nicht kleinlich: Es fehlen ja bloß 250 Milliönchen von den angestrebten 10 Milliarden, da hat Kabinettskollege Waigel von der Christenfraktion (Nächstenliebe!) doch recht, wenn er sagt, daß ein Wirtschaftsminister nicht wegen zwei Mark fünfzig zurücktreten muß. Nein, bei uns nicht! Wir haben uns ja schon gut ans Jonglieren mit den großen Zahlen gewöhnt; daß dabei mal ein paar Nullen unter den Tisch fallen, das kann schließlich jedem mal passieren.

Und es nützt uns ja allen, wenn Subventionen gestrichen werden, solange wir nicht auf der Werft oder im Bergbau beschäftigt sind. Am meisten natürlich unserm Möllemann, dessen PR-Gags immer besser werden, selbst der 'Spiegel‘ fällt inzwischen darauf herein. Sorgte sich das Nachrichtenmagazin in dieser Woche doch tatsächlich um seines einstigen Lieblingswatschenmannes Karriere.

Vorbei die mühseligen Zeiten, in denen der Anhänger des Fallschirmsports sich nur mit markigen Sprüchen in die Schlagzeilen zu katapultieren wußte („Wer mir die Spitzenkandidatur streitig macht, der wird abgebürstet und einen Kopf kürzer gemacht“). Seine Rücktrittsdrohung ließ ihn wochenlang durch die Top-Meldungen schweben, als gar tapferer Ritter wider die Subventionitis.

Schade nur, daß dieses Instrument jetzt erst mal ausgereizt ist. Freie Bahn dem Tüchtigen! Graf Lambsdorff wird sein nächstes Opfer: Wenn Möllemann ihn schon marktliberal auf der Subventionsschiene überholt — dann wird er ihn als FDP- Vorsitzenden sicher locker ausbremsen. Donata Riedel