Der Badeausflug am Werlsee endete tödlich

■ Am Sonntag wurde eine 39jährige Berlinerin beim Schwimmen von einem Motorboot tödlich verletzt/ Der Täter flüchtete

Fürstenwalde/Berlin. Als sich die 39jährige Marie-Luise W. aus Berlin-Schöneweide, Mutter eines neunjährigen Sohnes, am 6. Juli gegen 18.30 Uhr zum Schwimmen in den südöstlich von Berlin gelegenen Werlsee bei Grünheide begab, wußte sie nicht, daß sie nur noch wenige Minuten zu leben hatte.

Ein heißer Sommertag neigte sich dem Ende zu, der Strand war voller Menschen, das Wasser am Rande von spielenden Kindern aufgewühlt. Und so entschied sich die Frau für klarere Gefilde, schwamm hinaus, meist genüßlich auf dem Rücken. Nicht weit von ihr, etwa 30 bis 40 Meter entfernt, planschte ein zweiter Schwimmer. Dieser Mann sollte bald Zeuge eines durch grobe Rücksichtslosigkeit verursachten Unglücks werden.

Ein rotes Motorboot zog mit hoher Geschwindigkeit auf dem See seine Kreise, hielt plötzlich direkt auf die Schwimmer zu. Es zog seinen Kurs nicht ganz gerade, schlingerte mal ein wenig nach rechts, mal ein wenig nach links. »Wohin denn nun ausweichen?« schoß es dem Mann durch den Kopf. Er registrierte, daß sich auch die Frau, die sich noch dichter am herannahenden Boot befand, unschlüssig war.

Dann ging alles sehr schnell. Mit einem letzten verzweifelten Satz suchte sie dem Boot zu entkommen, wobei sie die Arme hochwarf, um sie mit ganzer Kraft wie Paddel ins Wasser zu tauchen. Allerdings vergebens. Das Boot erfaßte sie, riß ihr, wie sich dann später herausstellte, die Brust auf. Sie machte, wie im Schock, noch einige klatschende Schwimmbewegungen und ging dann im See unter.

Der Bootsfahrer, ein schlanker Mann, vermutlich zwischen 35 und 45 Jahren, wendete und hielt kurz an. Er blickte zur Unglücksstelle, von der er sich etwa 70 Meter wegbewegt hatte, zurück, wobei er sich mit der Hand gegen das Sonnenlicht schützte. Die Frau versank etwa in dem Moment, als er das Boot wieder in Richtung Unglücksstelle in Bewegung setzte. Langsam kam er heran. Der Schwimmer rief ihm mehrfach zu: »Halten Sie an, Sie haben jemanden überfahren, die ist untergegangen!«

Der Täter blickte zum Zeichen, daß er verstanden hat, zweimal zu dem Rufenden. Etwa 25 bis 30 Meter trennten beide. Vielleicht doch noch Hoffnung auf Hilfe? Immerhin war der Mann mit seinem Boot schnell am Unfallort, hätte ins Wasser springen, wenigstens den Versuch einer Rettung unternehmen können. Aber nein, er gab wieder Vollgas, brauste in Richtung Löcknitz davon.

Als der Schwimmer die Unglücksstelle endlich erreichte, hatte sich das Wasser bereits dunkelrot gefärbt. Die Sichttiefe betrug höchstens einen Meter. Nirgendwo ein Körper zu entdecken. Ein Schlauchboot kam, darin ein Mann und ein Junge. Auch sie halfen suchen. Sie hatten nur das Boot, nicht aber den Unfall gesehen. Der Mann ahnte nicht, daß es seine Frau ist, nach der er sucht, der Junge wähnte seine Mutter irgendwo am Strand...

Von dort, wo die Frau des Schwimmers das Unglück ebenfalls beobachtet hatte, begann bald die Jagd nach einem Telefon. Erst in Grünheide wurde man fündig. Seit der Tat waren aber immerhin schon 20 bis 30 Minuten vergangen. Genug Zeit für den Täter, gegebenenfalls durch die Löcknitz nach Berlin zu entkommen.

Der Ehemann wirkte gefaßt, er vermochte den Tod seiner Frau wohl anfangs gar nicht zu verarbeiten. »Der Junge ist so sensibel«, murmelte er immer wieder, brachte ihn zur Oma nach Neuenhagen. Inzwischen begann die Rüdersdorfer Feuerwehr mit einem Netz nach der Toten zu fischen. Gegen 21 Uhr trafen Taucher aus Berlin ein. Aber die eintretende Dunkelheit zwang sie bald zum Aufgeben. Erst am Sonntag nachmittag, dem 7. Juli, konnten andere Taucher das Opfer bergen. Im August, so war zu hören, wollte die Familie Urlaub in Tunesien machen. Rolf Bartonek/adn