Neulich...

■ ...in der Tiefe der Nacht: Im Dunkeln funkeln aller Augen böse; Auf Streife durch eine schlechte Stadt

O Herr, es will nicht Morgen werden. Noch ein Bier. Erika, die Dicke. Lachend legt sie den Zapfhahn um. Ringsum hocken verstummte Schäker, und Knobler brüten über leeren Bechern. Erika lacht und hat Arme zum Rudern und fürchtet nicht um ihr Kommando. Erzittre, Meuterer! Wie eine Kapitänin steuert sie ihren Tresen durch die Nacht.

Raus in die Stadt. Am Wall schnürt querüberfeld ein entlaufener Hund, biegt winselnd ab und hat die Nase am Boden. Aus dem Gesträuch ragen zwei Beine. Oberhalb auf der Straße kreist gemächlich eine Polizeistreife. Die letzten Paare schleppen einander zögernd nach Hause. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Hinters Hochhaus dringt kein Licht. Hier ist die Nacht aus Tinte und schwärzt die Seelen. Ans Einbahnstraßenschild hat sich ein altes Fahrrad gelehnt. Ein Herr strauchelt aus dem Hintergrund und kommt ihm nahe und wirft es um. Da erschrickt der Herr und klopft sich den Frack ab und dreht argwöhnisch den Kopf in die Runde. Mich, der ich um die Ecke lauere, sieht er nicht. Dann stellt er das Fahrrad wieder sorgsam hin und richtet langwierig die Gabel. Schließlich wendet er sich zum Gehen und bleibt hängen und reißt das Fahrrad zum zweitenmal um. Mit drei Schritten ist er zurück und tritt, gefletschten Gesichtes, dem elenden Gestänge in die Speichen, mehrmals und mit Inbrunst. Am Ende klopft er sich den Frack ab und tritt ab.

Überall hält sich der Haß bereit. In den Kneipen sitzen versprengt die Letzten, als warteten sie auf Alarm. Draußen über die Straßen irren, in großen Abständen, ziellose Kommandos. An der nächsten Ecke geht ein Pärchen vor Anker und wechselt in einem fort Küsse von geringem Tauschwert. Die Welt erlahmt und wird schwach in der Nacht, auch aller Handel. Dahergelaufener Zeitvertreib hat jetzt seine Gelegenheit.

In Walle tritt ein Mann in eine Kneipe und schmettert eine Flasche auf den Boden, Sofort beißt Benzindunst, und in Sekunden steht das Lokal in Flammen. Getümmel, Schall und Rauch überall, Menschen fallen übereinander. Ein Attentat. Plötzlich ist der Brand gelöscht, es ziehen noch schwarze Schwaden, da hört man Schreie. Am nächsten Tag steht im Polizeibericht: „Der Eindringling wurde von den Gästen verfolgt und verprügelt, letztendlich aber laufengelassen.“ Manfred Dworschak