USA: Irak hat Uran für 20 bis 40 A-Bomben

■ Berufung auf UNO-Expertenuntersuchungen im Irak/ Bush droht mit neuer Militäraktion/ Bagdad ersucht UNO dringend um Lockerung des Embargos/ Typhus und Cholera breiten sich aus

Washington/New York (ap/taz) — Das irakische Atompotential ist nach US-amerikanischen Angaben weitaus größer als bisher angenommen. Wie am Mittwoch aus US-Regierungskreisen verlautete, besitzt der Irak genug angereichertes Uran, um eines Tages 20 bis 40 Atombomben herstellen zu können. Voraussetzung dafür seien allerdings zehn Jahre ununterbrochene Arbeit, hieß es. US- Präsident Bush drohte der irakischen Regierung zum wiederholten Mal mit einem erneuten Angriff, falls das vorhandene Atompotential nicht unverzüglich vernichtet werde.

Ein UN-Team habe ermittelt, daß der Irak erheblich mehr angereichertes Uran besitze als die USA bisher vermutet hätten, hieß es in Washington. Iraks Präsident Saddam Hussein habe während des Golfkriegs Teile von Atomwaffen vergraben lassen. Die USA arbeiteten jedoch an einer Liste, in der mögliche Verstecke für Nuklearwaffen aufgeführt seien.

Bush rief das irakische Militär erneut zu einem Putsch gegen Saddam Hussein auf und plädierte dafür, die Wirtschaftssanktionen gegen den Irak aufrechtzuerhalten. „Wir sind bereit, dem Militär eine neue Chance zu geben, vorausgesetzt Saddam Hussein ist weg“, erklärte er öffentlich, „wir haben keinen Streit mit anderen Führern im Irak.“

Die Regierung in Bagdad hat die UNO erneut ersucht, Öl im Wert von 1,5 Milliarden Dollar verkaufen zu dürfen. Von dem Erlös sollten Nahrungsmittel und dringend benötigte Medikamente für die Zivilbevölkerung gekauft werden, hieß es in einem Schreiben des irakischen Außenministers Ahmed Hussein an den UNO-Sanktionsausschuß. Der Ausschuß sollte sich gestern mit dem irakischen Ersuchen befassen.

Der irakische Außenminister schreibt in seinem Brief, die Wirtschaftssanktionen gegen sein Land führten unweigerlich zu einer Katastrophe. Seit Beginn der Sanktionen vor einem Jahr seien 6.000 Kinder in Irak an Krankheiten und mangelhafter Ernährung gestorben. Bis Ende 1992 benötige Irak Nahrungsmitteleinfuhren im Wert von 2,6 Milliarden Dollar sowie Medikamente und medizinische Geräte für 540 Millionen Dollar. Andernfalls müsse bis Ende des Jahres mit dem Tod von mindestens 170.000 Kindern gerechnet werden. Von einem Mitglied der Organisation „Ärzte gegen den Atomkrieg“ (IPPNW), die zur Zeit im Südirak arbeitet, wurde berichtet, daß allein im südirakischen Kerbala 4.000 Menschen an Typhus erkrankt seien. Das zur Bekämfung der Seuche erforderliche Medikament Chloramphenicol fehle. Die Not und das Elend, besonders im Südirak, seien unbeschreiblich. Nach Angaben der Organisation, die eine sofortige Aufhebung des Embargos fordert, sterben täglich etwa 500 Kinder an den Sanktionsfolgen. Iraks Nachrichtenagentur 'ina‘ meldet eine Zunahme der Cholera-Erkrankungen.